Markworts Trauerportal: Eine todernste Angelegenheit

Wenn es nach dem Willen des "Focus"-Gründers Helmut Markwort geht, sollen Internet-Nutzer bald unsterblich gemacht werden. Der ehemalige Chefredakteur des Blattes will am 9. November zusammen mit Matthias Krage, dem Inhaber der Internet-Agentur "net-n-net" das neue Portal "Stayalive.com" vorstellen. Presse-Vertreter erhielten dazu per Mail eine kryptische Einladung.
Von PRO

Diese begann nach Informationen des Nachrichtendienstes "kress" mit dem
Goethe-Zitat: "Du hast Unsterblichkeit im Sinn; kannst du uns deine
Gründe nennen? Gar Wohl! Der Hauptgrund liegt darin, daß wir sie nicht
entbehren können." Obwohl die Einladung nicht mehr Informationen
enthielt, wird die Idee schon im sozialen Netzwerk "Facebook"
diskutiert. Es handelt sich um einen Internet-Friedhof als Community –
und ist damit so etwas wie Facebook für Tote.

"Stayalive.com startet eine Online Community, um eine persönliche, digitale Ewigkeit zu erschaffen", heißt es in einer Selbstbeschreibung der Firma Stayalive Portal GmbH & Co KG. Die Nutzer sollen dort Lieblingsfotos, Videos, einen Lebenslauf und mehr einstellen, um so das Image, nach dem eigenen Ableben zumindest mitzubestimmen. Jeder, der die Facebook-Seite vor dem 1. November mit dem "Like-Button" markiert, kann sein Profil kostenlos anlegen. Auf einer öffentlich noch nicht zugänglichen Seite ist zudem zu erkennen, dass für jedes Bundesland in Deutschland eigene virtuelle Friedhöfe eingerichtet sind. Auf einer Karte lässt sich bestimmen, welcher Tote wo begraben ist. Wie viel eine Grabstätte bei Markwort kostet, wird noch nicht verraten.

Noch passwortgeschützt

Auf der Seite herrscht bereits vor Einführung des Web-Friedhofs reges Leben. Die Nutzer erfahren etwa, dass der Hamburger Friedhof Ohlsdorf der größte der Welt ist und welche Titel zu den beliebtesten Beerdigungsliedern zählen. Links die auf die eigentliche stayalive-Seite führen, verlangen aber noch ein Passwort. Auf den Screenshots ist zu erkennen, dass die Seite unter anderem "Google Maps" nutzt, um weitere Friedhöfe in der Umgebung anzuzeigen. Zudem können Nutzer virtuelle Kerzen für Tote "anzünden". Laut dem Nachrichtenportal "Meedia" sei Werbung auf dem englischsprachigen Portal eher unangemessen.

Wie das Medienmagazin DWDL.de berichtet, bewarb Markwort selbst sein Projekt als Möglichkeit, sich unsterblich zu machen. Markworts Idee ist nicht ganz neu. Mit Martin Kunz betreibt ein weiterer ehemaliger Focus-Redakteur, mit "Emorial.de" (pro berichtete) bereits ein Erinnerungs- und Trauerportal im Netz. Dort können Familien und Freunde über Memorials kommunizieren. Das Angebot startete im April 2008. An normalen Tagen verzeichne das Portal in dem Geburts- und Sterbedaten von 230.000 Menschen hinterlegt sind, laut "kress" mehrere Hundert Online-Gäste.

"Eine neue Dimension im Umgang mit dem Trauern"

Im Interview mit pro betonte Kunz: "Meine Vorstellung ist es, dass das langfristig ein fester Bestandteil des Trauerns wird. Wir erleben eine neue Dimension des Umgangs mit Trauer. Unsere Kunden gehen teilweise mitten in der Nacht auf unsere Seite und schauen sich die Profile von Verstorbenen an, lesen Kommentare oder schreiben selbst etwas. Das scheint den Menschen gut zu tun." Bei der Entwicklung der Idee habe er gesehen, dass es im Internet kaum seriöse und schöne Portale für solche Anliegen gebe. Das Trauern im Internet habe für ihn eine völlig neue Dimension: "Manche finden es gut, andere sind irritiert – das Thema ist eben komplett neu. Kritik bekommen wir dennoch selten", so Kunz.

Zu Markworts aktuellen Ambitionen erklärt Kunz gegenüber "news.de": "Ich will mir die Seite erstmal anschauen. Doch der Ansatz von Markwort ist ein ganz anderer. Ich würde nie sagen, dass es abgekupfert ist." Markwort habe ihn zudem im Vorfeld über sein Vorhaben informiert. Es sei jedoch wahrscheinlich, dass  Markwort durch "emorial" inspiriert wurde. (pro)

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