Insbesondere Menschen aus völlig anderen Kulturkreisen wie Afghanen, Syrer oder Iraker sind aus Sicht des Psychologen Ahmad Mansour zufolge häufig schwer zu integrieren. Dies betonte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Extremismus-Experte besitzt seit 2017 neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Es gehe nicht nur um Sprache, Wohnen und Arbeit, sondern um zentrale Werte. „Wir müssen uns fragen, wie diese Menschen zu sexueller Selbstbestimmung oder Homosexualität stehen, was sie für ein Frauenbild haben, wie sie mit Kränkungen umgehen, ob sie antisemitische Einstellungen haben.“
Grundsätzlich seien zwar auch Migranten aus arabischen Kulturkreisen erreichbar, doch es benötige viel Geduld, Motivation und Gespräche. In Wertevermittlungskursen müssten auch heikle Themen wie Gleichberechtigung, Sexualität oder Judenfeindlichkeit immer wieder angesprochen werden, damit ein Wertewandel stattfinden könne.
Einbürgerung nach fünf Jahren zu früh
„Das ist keine Sache von ein, zwei Jahren“, sagte Mansour, der auch die Einbürgerungsmöglichkeit in Deutschland nach fünf Jahren für zu früh hält. Begegnung, kritische Selbstreflexion, Erfolgserlebnisse in der neuen Gesellschaft seien für die Integration wichtig. „Ich denke nicht, dass wir diese notwendige Qualität von Integrationsprozessen auch nur ansatzweise vorhalten.“
Die Folge misslungener Integration seien Parallelgesellschaften. Diese gelte es unbedingt zu verhindern. Durch striktere Migrationsregularien müssten stattdessen diejenigen gestärkt werden, die sich bemühten, sich anzupassen, und die bereit seien, Teil dieser Demokratie zu werden. „Wer das tut, muss genau die gleichen Chancen auf Bildung, Aufstieg, Wohlstand und Freiheit haben wie jeder andere hierzulande auch“, betonte Mansour.
Menschen, die sich gegen eine Begrenzung von Migration und eine Migrationsquote aussprechen, warf Mansour Scheinheiligkeit vor. „Ich finde es beschämend, dass das von manchen selbst ernannten Antirassisten als rassistisch bezeichnet wird“, kritisierte er. Die Migrationsquote sei im Gegenteil der Versuch, den hier legal lebenden Migranten eine Chance zu geben.
Andere Lebensmodelle kennenlernen und von ihnen lernen
Es gehe um eine gesunde Durchmischung, um wertschätzendes Zusammenleben und darum, andere Lebensmodelle kennenzulernen und voneinander zu lernen. „Das ist der Kern von Integration. Dazu reicht es nicht, Menschen am Bahnhof willkommen zu heißen und ihnen einen Teddybären zuzuwerfen.“
Der gebürtige arabische Israeli Mansour hat in Tel Aviv sowie an der Berliner Humboldt-Universität studiert. Er ist 2004 selbst nach Deutschland eingewandert und beschäftigt sich mit Islamismus, Antisemitismus und patriarchalen Strukturen.