„Der Glaube braucht wie die Liebe auch mal die körperliche Anwesenheit“, so Manfred Lütz, Autor des Bestsellers „Gott – Eine kleine Geschichte des Größten“. Der Gottesdienstbesuch sei mitunter die einzige Zeit in der Woche, „in der wir keine Rolle spielen – als Vorgesetzter oder Untergebener, als Sohn oder Vater, als Ehemann oder Nachbar. Im Gottesdienst können wir wenigstens diese eine von 168 Wochenstunden wir selbst sein – wir selbst vor Gott“.
Gottesdienst ist „höchst sinnvoll“
Dabei bringe der Kirchgang dem Manager nichts, das ihm in seinem Berufsalltag weiterhilft. Das jedoch sei gerade das „Tolle“. „Der Gottesdienst ist völlig zwecklos, aber höchst sinnvoll. Im Berufsalltag muss sich ein Manager stets überlegen: Wozu mache ich das eigentlich, was bringt das? Wenn man sein ganzes Leben lang immer nur Zweckmäßiges tut, wird man von seinen Zwecken gelebt und versäumt das eigentliche Leben“, so Lütz.
In Deutschland sind alle Spitzenverdiener
Auch zum Thema Geldverdienen und Millionengehältern von Managern äußert sich der Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses in Köln. Laut Bibel komme eher ein Kamel durchs Nadelöhr als ein reicher ins Himmelreich. „Aber was ist ein Reicher?“, so Lütz. „Im Grunde genommen zählen wir hier in Deutschland alle zu den Spitzenverdienern – verglichen mit Menschen in Bangaldesch. Und wenn Reichtum aus biblischer Sicht eine Versuchung zur Sünde ist, haben wir alle ein Problem.“
Viel Geld zu besitzen sei grundsätzlich nicht unmoralisch. „Es geht nicht um die Höhe des Einkommens, sondern darum, wie man damit umgeht. Wer sein Geld sozial einsetzt und nur so viel wie nötig für sich beansprucht, geht verantwortlich damit um“, meint Lütz.
Kirchenmotto im Unternehmen: „Vielfalt als Bereicherung“
Von der Kirche könnten Manager zudem lernen, die „Einheit in Vielfalt“ schätzen zu lernen. Dies sei das Erfolgsgeheimnis zumindest der katholischen Kirche. „Unterschiedliche Orden, Temperamente, Nationen in der gleichen Kirche, diese Unterschiedlichkeit immer wieder fruchtbar zu machen, das ist wohl das Geheimnis der immer wiederkehrenden Aufbrüche in dieser ältesten und größten Institution der Welt“, so Lütz. Verantwortliche in der Wirtschaft könnten von der Kirche auch für die Unternehmensführung Wesentliches lernen. „Manager, die Vielfalt als Bereicherung schätzen, die nicht nur Kommandos von oben geben, sondern genau hinsehen, wo in einem Unternehmen neue Ideen wachsen, können ein Unternehmen weiterbringen“, sagt der Theologe und Mediziner.
Manfred Lütz, 54 Jahre, studierte Medizin, Philosopie und katholische Theologie in Bonn und Rom. Seit 1997 ist er Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses in Köln. Er engagiert sich darüberhinaus in verschiedenen kirchlichen Gremien. Sein Buch „Gott“ steht seit Monaten auf den Bestsellerlisten.