Maier: „Christliche Antworten auf die Fragen der Zeit“

"Ohne eine kontinuierliche theologische Lehre ist es unmöglich, christliche Antworten auf die Fragen der Zeit zu geben." Dies hat Gerhard Maier, der ehemalige Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, bei seinem Festvortrag zur Eröffnung der Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL) betont. Er sprach dort über "die Bedeutung theologischer Lehre für Mission und Gemeinde".


Von PRO

"Kontinuierliche Lehre bewahrt uns davor, glaubenslose Antworten zu geben, die niemand nützen. Wir werden noch einmal vorsichtig, wenn wir uns bewusst machen, dass alles Reden Gottes auch ein Geheimnis Gottes bleibt. Die Lehre enthüllt dieses Geheimnis nicht einfach, sondern leitet zu Achtung und Respekt vor ihm an, sonst werden wir farblos Mitschwimmende im Strom der Zeit", machte Maier deutlich.



Ein Strom ohne Ufer


Um den Missionsbefehl umzusetzen, gehe es darum, dass das menschliche Verhalten mit dem Willen Gottes übereinstimme. Dies bewahre Christen auch vor Irrlehre und Fehlwegen: "Wenn die Abwehr der Irrlehre fehlt, gleicht die Christenheit einem Strom ohne Ufer." Maier verwies noch auf einen anderen Aspekt: "In Regionen der islamischen Welt stoßen wir auf das Konzept, man sollte doch jesusgläubiger Moslem sein, aber eben Moslem bleiben. Dann muss ich widersprechen. Der Gott des Friedens beansprucht unseren ‚Geist samt Seele und Leib‘. Die, die hier nicht an einer christlichen Lehre festhalten können, sind wie ein wankendes Rohr."

Die theologische Lehre sei unverzichtbar, um in Gemeinde und Mission den Weg zum ewigen Leben zu zeigen: "Das Finden der Wahrheit dürfen wir nicht mit einem menschenverachtenden Überlegenheitsgefühl oder religiösen Absolutheitsanspruch verwechseln. Es ist vielmehr die Entdeckung einer neuen Wirklichkeit in Folge der Auferstehung Jesu Christi." Wie keine Botschaft dieser Welt ziele die christliche auf das künftige ewige Leben: "Eine christliche Lehre, die nicht mehr vom ewigen Leben sprechen kann, ist wie ein Essen ohne Speise."

Das Einzigartige ist die Erlösung durch Jesus Christus



Das Einzigartige, dass die christliche Botschaft auszeichne, sei die Erlösung durch Jesus Christus, so Maier: "Dass nicht nur Retterliebe, sondern auch der klare Weg zur Rettung im Gericht Gottes aufgezeigt wird, ist die besondere Verantwortung der theologischen Lehre im Bereich der Mission." Wo andere Rettungswege als die Erlösung durch Jesus Christus anerkannt würden, habe die christliche Lehre einen Zusammenbruch erlitten.



"Jede Weitergabe theologischer Lehre wird geprägt durch den persönlichen Glauben des Lehrenden", verdeutlichte Maier. Vor allem der Theologe Charles Spurgeon habe auf einer unerbittlichen Sorgfalt bestanden, jede christliche Lehre zu formulieren und zu prüfen: "Diese Bibelorientierung ist der tiefste Grund dafür, weshalb wir als Christen am Anfang des menschlichen Lebens nicht einen Zellhaufen sehen, sondern eine Schöpfertat Gottes", stellte Maier dar.


Theologische Kontinuität



Was Christen früherer Jahrhunderte geglaubt und gelehrt haben, dürfe nicht in einer einzigen Generation auf die Seite geschoben werden. Zudem bleibe die theologische Lehre bewusst der Lebenserfahrung der Christen ausgesetzt und wolle diese reflektieren. Dazu gehöre für ihn auch eine Sensibilität für die Anliegen der Gegenwart und "dabei die Probleme unserer Zeit nicht zu beantworten". Die Reflexion der Lebenserfahrungen führe in der theologischen Lehre zur Besonnenheit. Eine ganz wesentliche Voraussetzung einer gedeihlichen Entwicklung sei auch die Korrekturbereitschaft der Theologie: "Deshalb braucht theologische Ausbildung immer sowohl die Wissenschaft als auch die Spiritualität." Mit der IHL eröffne zum ersten Mal eine theologische, aus der Weltmission entstandene Hochschule ihre Pforten, so Maier.



Im Januar hatte der Wissenschaftsrat der Hochschule seine Anerkennung ausgesprochen. Die IHL bietet ab 1. September staatlich anerkannte Abschlüsse in vier Studiengängen an. Neben Theologie und Gemeindepädagogik gibt es mit dem Studiengang Theologie/Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext einen in Deutschland einzigartigen Studiengang, der in Zusammenarbeit mit der CVJM-Hochschule in Kassel angeboten wird. Einen Masterstudiengang in Theologie gibt es in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg. Neu ist auch die dort eingerichtete Forschungsstelle für Interkulturalität und Religion.



Start des Studienbetriebs am 1. September



Träger der IHL ist die Liebenzeller Mission. Die Hochschule geht aus dem bisherigen Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission hervor. Ihr Rektor Volker Gäckle betonte bei der Eröffnung, dass die IHL durch eine Leidenschaft für die Weltmission, für das biblische Wort, für die Persönlichkeitsentwicklung und -förderung ihrer Studierenden sowie eine Leidenschaft zu einem sozialmissionarischen Studium und Dienst geprägt sei.

Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, würdigte die hohe kulturelle Kompetenz der Ausbildung bei der Liebenzeller Mission: "Die Missionsarbeit auf allen Kontinenten ist vorbildlich", stellte Teufel dar. Die IHL werde unabhängig sein, gleichzeitig aber ihre Herkunft und Verbindung zur Liebenzeller Mission nicht verlieren. (pro)

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