Emmanuel Macron zieht in den Elysée-Palast ein. Der 39-jährige Politiker gewann die Stichwahl um das höchste französische Staatsamt. Für den Wahlkampf hatte der Sohn eines Ärztepaares die Partei „En Marche“ gegründet, deren Vorsitzender er auch ist. Die französische Autorin Anne Fulda hat in ihrer erschienenen Biografie „Emmanuel Macron – Un jeune homme si parfait“ (etwa: Ein allzu perfekter junger Mann) herausgearbeitet, dass die Familie nicht besonders christlich gewesen sei. Macron sei als Kind nicht getauft worden, habe sich dies aber als Jugendlicher gewünscht. Die Eltern schickten den späteren Politiker und seine zwei jüngeren Geschwister auf eine katholische Schule.
Sein Glaube ist für den als politischen „Messias“ erkorenen Franzosen Privatsache. Er ist in diesen Fragen sehr diskret. „Ich habe mit seiner Frau darüber gesprochen, die sagte, sie seien keine regelmäßigen Kirchgänger, aber hätten eine wahrhaftige Beziehung zur ihrer Religion“, zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Biografin. Darauf führt Fulda auch die Äußerung Macrons im Wahlkampf zurück, dass man an sämtliche Leute denken müsse, die während der Debatte über die Einführung der Homo-Ehe verletzt worden seien.
Mit Erleichterung nahmen die Kirchen und religiösen Vertreter Frankreichs die Wahl Marcrons zur Kenntnis. Der Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC), Moshe Kantor, sprach von einem „Sieg über Hass und Extremismus“. Der Vorsitzenden des französischen Islamrates, Anouar Kbibech, beglückwünschte den designierten Präsidenten via Twitter, „der unserem Land den Weg zu einer brüderlichen und solidarischen Zukunft öffnet“. Der Sprecher der katholischen Französischen Bischofskonferenz, Olivier Ribadeau Dumas, nutzte auch den Online-Kanal für seine Glückwünsche: „Unsere Wünsche und Gebete begleiten ihn auf seiner schweren Mission im Dienste Frankreichs und zum Wohl der Gemeinschaft.“
Skandal am Jesuiten-Gymnasium
Im laizistischen Frankreich sind Staat und Religion streng getrennt. Das Online-Portal des Nachrichten- und Debattenmagazins „Islamiq“ sieht in dem Präsidenten einen Politiker, bei dem „die Freiheit die Regel und das Verbot die Ausnahme“ ist. Er hat sich dagegen ausgesprochen, das Tragen des religiösen Kopftuchs in Hochschulen zu verbieten.
Der designierte Präsident besuchte eine von Jesuiten geführte Privatschule in Amiens. Weil er dort eine Liebschaft mit einer Lehrerin hatte, folgte er dem Wunsch seiner Eltern: Um einen Skandal zu vermeiden, wechselte er auf eine Schule in Paris. Danach studierte er Philosophie. Er ging an die Verwaltungshochschule (ENA) und war ab 2005 als Finanzdirektor im im Finanzministerium tätig.
Nach einer Station als Investmentbanker wechselte er im Mai in den Präsidialstab François Hollandes. Er wurde dessen Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik. Nach etlichen Konflikten zwischen den unterschiedlichen Flügeln der Regierung wurde Macron zum Minister ernannt. Er setzte sich unter anderem für erweiterte Sonntagsöffnungszeiten in Geschäften ein.
Durch Negativschlagzeilen sorgte Macron 2016 für Aufsehen. Es wurde bekannt, dass er zu wenig Steuern gezahlt habe. Im August 2016 verließ er das Kabinett nach harten Auseinandersetzungen. Fünf Monate später gab er bekannt, als unabhängiger Kandidat bei der Wahl antreten zu wollen. Die politischen Beobachter halten sein Programm für wirtschafts-, sozialliberal und pro-europäisch. Der designierte Präsident ist seit 2007 mit seiner früheren Französischlehrerin Brigitte Trogneux verheiratet. (pro)
Von: jw