Maas und Facebook wollen reden

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat in einem Brief an Facebook kritisiert, dass das Netzwerk hetzerische Kommentare selten lösche. Jetzt wollen sie darüber reden. Facebook-Nutzer wittern Zensur.
Von PRO
Über 12.590 Facebook-Nutzern gefällt die Seite von Heiko Maas. Dem Justizminister gefällt allerdings nicht, was manche Nutzer auf Facebook über Ausländer posten
Mit einem Brief an die deutsche sowie die europäische Zentrale von Facebook hat sich Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, diese Woche bei dem Internetunternehmen beschwert: Es gehe nicht effektiv genug gegen rassistische und fremdenfeindliche Kommentare und Posts vor. Bürger hätten sich vor allem angesichts der augeheizten Flüchtlingsdebatte deswegen an sein Ministerium gewandt und das laxe Vorgehen Facebooks beklagt, schrieb Maas. Facebook-Nutzer können unangemessene Beiträge an das Unternehmen melden. Dort prüfen Mitarbeiter, ob diese Beiträge den „Gemeinschaftsstandards“ entsprechen. In den meisten Fällen bekämen die Nutzer zur Antwort, der gemeldete Beitrag sei zwar geprüft, aber als unproblematisch eingestuft worden, kritisierte Maas.

Brüste werden gelöscht, Rassistisches bleibt stehen

Er verstehe nicht, dass zwar „bestimmte Inhalte wie beispielsweise Fotos bestimmter Körperteile unter Berufung auf die ‚Gemeinschaftsstandards‘ wegen moralischer Bedenken durch Facebook automatisch gelöscht würden“, während rassistische und fremdenfeindliche Äußerungen oft nicht entfernt würden, gibt der Tagesspiegel den ihm vorliegenden Brief wieder. Facebook steht seit längerem dafür in der Kritik, dass es weibliche Brustwarzen sofort zensiere, selbst wenn es sich um Fotos einer stillenden Mutter handle. Männliche Brustwarzen dürfen hingegen gezeigt werden.

Facebook nimmt Maas‘ Einladung an

Facebook antwortete am Donnerstag auf Maas‘ Schreiben. Das Unternehmen nehme die Bedenken des Ministers „sehr ernst“, teilte eine Sprecherin laut Tagesspiegel mit. Rassismus sei mit den Standards des Netzwerks nicht vereinbar. Sie appellierte an die Nutzer, keinen Hass auf Facebook zu verbreiten. Das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst und arbeite „jeden Tag sehr hart daran, die Menschen auf Facebook vor Missbrauch, Hassrede und Mobbing zu schützen“. Das Unternehmen zeigte sich interessiert an einem Austausch mit dem Minister. Maas hatte Facebook in sein Haus eingeladen, um darüber zu sprechen, wie das Unternehmen seine Gemeinschaftsstandards effektiver und transparenter gestalten könnte. Facebook-Sprecher Stefan Stojanow erklärte das aktuelle Vorgehen in der Süddeutschen Zeitung so: „Viele dieser Beiträge sind Meinungen und auch wenn wir sie als Unternehmen nicht vertreten, nehmen wir sie nicht von der Seite.“ Facebook sei sich bewusst, dass dies viele Nutzer nicht verstünden. Doch das Netzwerk solle ein „Spiegel der Gesellschaft“ sein. „Nur wenn ich solche Sachen lese, kann ich auch darauf reagieren.“

Kritiker fürchten Zensur

Maas machte in seinem Schreiben deutlich, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. Strafbare Äußerungen dürften dort nicht unkontrolliert verbreitet werden. Für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dürfe es „keine falsch verstandene Toleranz“ geben. Um Zensur oder eine Einschränkung der Meinungsfreiheit gehe es dem Minister nicht. Genau das werfen ihm aber Kritiker auf seiner eigenen Facebookseite vor. Zahlreiche Kommentatoren halten Maas‘ Vorstoß für Zensur, vergleichen dies mit dem Vorgehen in Diktaturen und autoritären Regimes wie der DDR oder China und fürchten um ihre Meinungsfreiheit. Kritisiert wird in den Kommentaren auch, dass sich Maas nur gegen problematische Äußerungen in Bezug auf Ausländer und Flüchtlinge einsetze. Zum Teil argumentieren die Besucher auf Maas‘ Seite auf genau die Art und Weise, die der Minister anprangerte. So schreibt ein Nutzer: „Wenn Asylanten (Invasoren) alles verwüsten, was sich ihnen in den Weg stellt, Frauen und Kinder belästigen und die deutschen Bürger sich aufgrund dessen zu wehr setzen, kann man nicht von rechter Gewalt sprechen. Sie sind ein Volksverräter und eine Schande für Deutschland.“ Maas wird Beispiele wie diese im Gespräch mit Facebook zu diskutieren haben. Derzeit sind etwa 1,4 Milliarden Menschen weltweit bei Facebook registriert. Zum ersten Mal waren am Donnerstag gleichzeitig eine Milliarde Menschen im Netzwerk aktiv. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/sachliche-asyl-debatte-muss-moeglich-sein-92910/
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/langer-atem-fuer-fluechtlinge-93111/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/bischoefe-verurteilen-gewalt-gegen-asylbewerber-93174/
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