Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat den Aufruf von Bundespräsident Christan Wulff zum Schutz der christlichen Minderheit in der Türkei gelobt. In aller Klarheit habe er auf die schwerwiegenden Probleme hingewiesen, denen sich die Christen in der Türkei gegenübersähen, sagte der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Bernhard Felmberg, Medienberichten zufolge am Dienstag in Berlin. Wulff hatte als erstes deutsches Staatsoberhaupt vor dem türkischen Parlament gesprochen und die islamischen Länder dazu aufgefordert, einheimischen Christen die Ausübung ihres Glaubens zu ermöglichen. Die Türkei rief er dazu auf, ihren Weg nach Europa fortzusetzen. Deutschland sei an einer Anbindung der Türkei an die Europäische Union besonders interessiert.
Felmberg verwies auf den Bogen, der sich von Wulffs Rede zum Tag der Deutschen Einheit zu dessen Ansprache vor dem türkischen Parlament in Ankara spanne. "Die nicht unumstrittenen Passagen zur Beheimatung des Islams in Deutschland haben ihm die Freiheit gegeben, auch heute den bemerkenswerten Satz ‚Das Christentum gehört zweifelsfrei zur Türkei‘ zu sagen“, sagte Felmberg. Zu Recht habe Wulff an die gemeinsame Verpflichtung beider Staaten im Blick auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erinnert. Seine Ermutigung der Türkei, eine Mitgliedschaft in der EU weiterhin anzustreben, sei die Grundlage eines offenen Dialogs zwischen dem Land am Bosporus und Deutschland.
Zentralrat der Muslime: "Worte klug gewählt"
Lob kam aber auch aus den Reihen der Muslime und Türken in Deutschland: Laut "Focus" erklärte der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, der Bundespräsident habe seine Worte "klug gewählt". Der Leiter des Essener Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, Haci Halil Uslucan, würdigte, dass Wulff Gemeinsamkeiten zwischen Deutschen und Türken betone, statt "unnötige Distanzen zwischen Mehrheit und Minderheit entstehen zu lassen". Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hob hervor, Wulff habe sich für eine enge wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Türkei ausgesprochen und klargestellt, dass der Islam demokratiefähig sei. Mit seiner Betonung auf die Brückenrolle der Türkei habe Wulff zudem eine Begründung für den Beitritt des Landes zur Europäischen Union geliefert.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte die Rede Wulffs "überzeugend". Zusammen mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül habe der Bundespräsident "in den letzten Tagen sehr klare Signale ausgesendet", etwa, dass es für türkischstämmige Menschen in Deutschland unverzichtbar sei, die deutsche Sprache zu lernen, im Alltag zu pflegen und sich "um guten Erfolg in den Schulen und im Beruf" zu bemühen. Herrmann sagte aber auch, dass Deutschland keinen Anlass habe, "den Islam als solchen in unsere Werteordnung" zu integrieren und sich "wesentlich zu verändern". Schließlich seien Menschen aus vielen Ländern der Welt nach Deutschland gekommen, "weil wir so sind, wie wir sind". Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir würdigte Wulff als einen Bundespräsidenten, der sich offen äußere und sehr bemühe, die Bevölkerung beim Thema Integration einzubinden. Ob Wulffs Rede die Integration in Deutschland voranbringe, hänge nun davon ab, was man daraus mache. (pro)