Linke: Kritik ja, Antisemitismus nein

Die Linke debattiert noch immer über Vorwürfe des Antisemitismus. Nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" will Fraktionschef Gregor Gysi in einem Papier klarstellen, dass jedes Linke-Parteimitglied Kritik an Israel üben darf. Den Vorwurf der Israelfeindlichkeit sieht er als Totschlagargument gegen seine Partei.

Von PRO

Etwas mehr als eine Woche ist es her, da sorgte die Linken-Fraktion im Bundestag mit ihrem Beschluss gegen Antisemitismus für Aufsehen. Nach öffentlicher Kritik wegen juden- und israelfeindlicher Äußerungen hatten die Politiker einstimmig ein Papier verabschiedet, das sich "gegen jede Form von Antisemitismus in der Gesellschaft" wendet und klarstellt, dass sich die Linke nicht an der diesjährigen "Gaza-Flottille" beteiligen will. Der Beschluss wurde nach dreieinhalbstündiger sehr kontroverser Debatte gefasst. Zuvor hatten zehn Parlamentarier den Raum verlassen. Fünf fehlten.

Der innerparteiliche Protest gegen die Entscheidung der Führung scheint noch immer so stark zu sein, dass Fraktionschef Gregor Gysi sich bald nochmals zu den Vorwürfen äußern wird, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Demnach will er in einer Fraktionssitzung in zwei Wochen ein weiteres Papier zur Debatte stellen, demzufolge es jedem Linken unbenommen sein soll, Kritik an Israels Regierungspolitik zu üben. Gleichzeitig wolle Gysi klarstellen, dass der Antisemitismus-Vorwurf von anderen Parteien oft als Totschlagargument gegen die Linken missbraucht werde.

Wie die "Frankfurter Rundschau" schreibt, hatten etliche Linke nach dem Beschluss gegen Antisemitismus in der vergangenen Woche empört von einem Maulkorberlass gesprochen, ganze Kreisverbände – vor allem aus Westdeutschland – sollen protestiert haben. Verbände der Linksjugend warfen der Führung eine Anbiederung an SPD und Grüne vor. Die Abgeordnete Annette Groth bezeichnete den Beschluss als undemokratisch. Es gehe darum, "Andersdenkende aus der Debatte auszuschließen und diesen Ausschluss mit dem Stigma des ‚Antisemitismus‘ zu begründen".

Bloß falsch verstanden?

Gegenüber der Agentur dapd hatte Gysi jüngst erklärt: "Es geht nicht, dass behauptet wird, wer die Politik der Regierung Israels kritisiert, ist antisemitisch." Da geschehe "grobes Unrecht". Er räumte aber ein, dass es die eine oder andere Äußerung gegeben habe, "die auf großes Unverständnis stößt, obwohl sie gar nicht antisemitisch gemeint ist".

Ende April war ein antisemitisches Flugblatt auf der Website des Kreisverbandes Duisburg der Linkspartei entdeckt worden. Es zeigte ein in einen Davidstern eingewobenes Hakenkreuz und sprach von einer "moralischen Erpressung durch den sogenannten Holocaust". Einzelne Mitglieder der Linksfraktion hatten sich im Januar 2010 nicht erhoben, als der israelische Staatspräsident Schimon Peres bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag gesprochen hatte. Linken-Abgeordnete Inge Höger hatte sich gemeinsam mit Parteikollegin Annette Groth Ende Mai 2010 an der sogenannten Gaza-Hilfsflottille beteiligt. (pro)

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