Satire darf alles. Oder sagen wir: Fast alles. Denn eins sollte sie dringend vermeiden: Über Opfer Witze zu machen. Wer eine misshandelte Frau oder ein gemobbtes Kind vorführt und der Lächerlichkeit preis gibt, der gewinnt sicher keinen Satirepreis. Denn das ist nicht lustig. Ein Kommentar von Stefanie Ramsperger
Ist es wirklich schön, wenn Fernsehsender „Normalos“ vor der Kamera lächerlich machen?
Was ist aber, wenn ein Team der heute-show loszieht, um Demonstranten beim Marsch für das Leben zu befragen? Dann ist das erlaubt. Natürlich. Die Demonstration ist eine öffentliche Veranstaltung, Menschen dürften dort vor die Kamera gebeten werden. Aber es ist auch ziemlich einfach. Lieschen Müller vor laufender Kamera Peinlichkeiten erzählen zu lassen und das, was sie sagt, im Nachhinein so zu schneiden, dass es einfach komisch wirkt, kann man machen. Klar. Aber eigentlich hat die Welt damit nur ein paar mehr oder eben weniger geistreiche Statements von Normalos gewonnen, die völlig überfordert mit der Situation sind, vor einer laufenden Kamera zu stehen. Wenn deren Aussagen dann einem Millionenpublikum vorgeführt werden, dann ist das – nun ja, erlaubt. Aber nicht schön. Zumal, wenn sich diese Normalos eigentlich nur deswegen bei einer öffentlichen Veranstaltung befinden, um für eine gute Sache wie Lebensschutz zu demonstrieren.
Als Hape Kerkeling in jungen Jahren bei einer Bambi-Verleihung die verdutzten Prominenten mit Nachbildungen der possierlichen Wald-Tiere überschüttete, und sie dabei mit Fragen traktierte, war das witzig. Wenn sich die Satiriker von Toll!, dem Satireformat der Sendung Frontal 21, oder auch die Macher der heute-show über Politiker und andere Amtsträger mokieren, ist das mitunter hochgradig komisch. Der Unterschied: Die Promis sind medienerfahren. Sie stehen ziemlich weit oben, zählten zu den Mächtigen. Lieschen Müller dagegen ist unbedarft im Umgang mit Medien. Wünschenswert wäre es natürlich, wenn sie trotzdem keine undifferenzierten Meinungen, wie im aktuellen Fall geschehen, verkünden würde. Wer sich öffentlich über sie mokiert, tritt aber nach unten. Und nicht nach oben. Auf die Richtung kommt es also an.
Der Schriftsteller Jakob Hein erklärte in der vergangenen Woche beim 3. Evangelischen Medienkongress, dass Satire seiner Meinung nach alles dürfe, sich aber fragen lassen müsse: „Was will Satire?“ Recht hat er. Will sich Satire von oben herab über die Überforderten lustig machen? Oder will sie auf Missstände aufmerksam machen und vielleicht sogar zur Besserung anregen? Dann muss sie sich nach oben orientieren und diejenigen aufs Korn nehmen, die Macht und Einfluss ausüben. Der Journalisten-Guru Wolf Schneider schrieb einst: „Wer wirklich etwas bewegen will, der muss kräftig zulangen.“
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