Lang: „Politik und Medien brauchen ‚Entpörung‘“

Die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang hat auf dem Evangelischen Kirchentag für ehrliche Politiker, weniger empörte Debatten und ein AfD-Verbotsverfahren geworben. Ihr CDU-Kollege Philipp Amthor sah letzteres kritisch.
Von Anna Lutz

Ricarda Lang, ehemalige Parteivorsitzende der Grünen, sieht eine „fundamentale Vertrauenskrise in Politik und Medien“. Der Grund dafür liege in Verfehlungen von beiden Seiten, wie Lang am Freitag auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag erklärte. 

Einerseits kritisierte sie eine „ritualisierte Art, Politik zu denken“, ausgerichtet nach einem Freund-Feind-Schema zwischen Opposition und Regierung. Sie selbst könne sich ja „gar kein Scheitern der Regierung wünschen in diesen Zeiten“, räumte sie ein, obwohl sie ab der kommenden Woche in der Opposition ist. 

Aufseiten der Medien sieht sie eine „Empörungskultur“, die starken Einfluss auf die Politik habe. Sie selbst wisse etwa bei Social Media-Posts: „Wenn ich das ein bisschen krasser formuliere, dann hat das fünfmal so viel Reichweite.“ Stattdessen erklärte sie: „Medien und Politik brauchen ‚Entpörung‘.“

Politikern riet sie, sich nicht zu stark von diesen Mechanismen beeinflussen zu lassen und deshalb etwas zurückhaltender zu werden. „Die Angst vor dem Fehler kann der größte Fehler selbst sein“, sagte sie. Als Politiker habe man oft eine Schere im Kopf, die einen dazu bringe, „schablonenhaft und langweilig“ zu werden. Aber: „Die größte Währung, die man hat in der Politik, ist die Ehrlichkeit.“

„Ganz klar ja“ zu AfD-Verbotsantrag

Lang und auch der ebenfalls vom Kirchentag eingeladene CDU-Politiker Philipp Amthor äußerten sich zur aktuellen Einstufung der AfD-Bundespartei als rechtsextrem, die am Freitag bekannt wurde. Lang sagte „ganz klar ja“ zu einem AfD-Parteiverbotsantrag. Sie werde sich dafür einsetzen, dass es eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag gebe.

Amthor erklärte zwar: „Diese Partei ist gesichert rechtsextrem und solche Parteien dürfen in Deutschland keine Verantwortung übernehmen.“ Dennoch warnte er davor, zu glauben, ein Verbotsverfahren löse die derzeitigen Probleme der Demokratie. Stattdessen müssten sich die demokratischen Kräfte fragen, welche Bedingungen wirklich geeignet seien, um die AfD zurückzudrängen.

Er gab seinem CDU-Parteikollegen Jens Spahn recht: „Durch inhaltliche Abgrenzung wird es funktionieren“, nicht durch Ausgrenzung. Spahn sorgte jüngst für Schlagzeilen, weil er öffentlich einen anderen Umgang mit der AfD im Bundestag gefordert hatte, zum Beispiel hinsichtlich der Besetzung von Ausschussvorsitzen. Bislang blockierten die anderen Parteien Wahlen von AfD-Politikern in entsprechende Positionen.

Amthor fügte hinzu, niemand dürfe „wie das Kaninchen vor der Schlange“ vor der AfD erstarren. Diese Partei dürfe nicht definieren, was sagbar und nicht sagbar sei in der Politik. Weiter warb er für mehr Verständnis für Wähler der AfD. Sie seien „nicht unsere Feinde“, im Gegensatz zu deren Funktionären.

Auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag treffen sich noch bis Sonntag Protestanten, um aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft zu diskutieren und geistliches Leben zu teilen. Unter den 1.500 Veranstaltungen finden sich Vorträge, Gottesdienste, Workshops und Podiumsdiskussionen. Ziel der Veranstaltung ist es laut den Organisatoren, aktuelle gesellschaftliche Fragen aus christlicher Perspektive zu diskutieren.

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen