Landesbischof: „Internet ist tatsächlich Neuland”

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Internet als „Neuland” bezeichnet und muss seitdem den Spott der Netzgemeinschaft ertragen. Am Donnerstag sprang ihr der hannoversche Landesbischof Ralf Meister zur Seite. Wer sich in diesem Punkt über die Kanzlerin aufrege, verweise nur auf seinen eigenen beschränkten Horizont.

Von PRO

Entscheidende Fragen des „eigentümlichen Medienplanets Internet” seien bisher völlig ungeklärt, sagte Meister bei einer Tagung zur Frage "Wie wirkt das Netz" der Evangelischen Akademie zu Berlin. „Welchen meteorologischen Wettermächten sind wir eigentlich ausgesetzt?”, fragte der Bischof mit Blick auf das amerikanische Überwachungsprogramm „Prism”. Eine solche Missachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung „lässt sich schwerlich begründen, da hilft auch nicht die Rhetorik des Präsidenten”, sagte Meister. Ihm erscheine es, als komme das Recht auf Datensicherheit manchem so absurd vor, „wie das Tanzverbot an Karfreitag für einen atheistischen Neubürger in Deutschland”. „Dieses Gebiet ist tatsächlich Neuland”, sagte er mit Blick auf die Äußerung Angela Merkels beim Besuch des amerikanischen Präsidenten am Mittwoch. Wer sich in diesem Punkt über die Kanzlerin aufrege, verweise nur auf seinen eigenen beschränkten Horizont.

Empathienetzwerk und Wort-Tsunamis

Er wolle keine grundsätzliche Kritik am Netz üben, es bewirke auch Positives. Meister nannte das Beispiel der jüngsten Flutkatastrophe. Betroffene und Helfer hätten das Netz genutzt, um zu kommunizieren und Hilfsaktionen abzustimmen. Ein solches „Empathienetzwerk” könne durchaus eine helfende Funktion haben und zwar „tausendfach täglich”. Dennoch sehe er vor allem zwei Punkte kritisch: Fragen der datenrechtlichen Vorgaben und neuartige mediale Gewohnheiten.

Er selbst habe sich, als er sein Bischofsamt antrat, aus Facebook verabschiedet und die Erfahrung gemacht, sich damit aus einem Teil der Welt auszuklammern. Das Netzwerk bezeichnete er als „gefährliches und zum Teil fremdgesteuertes Modell weltweiter Kommunikation”. Sogenannte Shitstorms sorgten zudem für unkontrollierbare „Wort-Tsunamis”. Darin zeige sich eine sich durch Hasskommentare äußernde „Gegenöffentlichkeit ohne Bremsen und ohne Filter”. „Es fehlt beim Posten das direkte Gegenüber”, erklärte er die Drastik der Sprache. Ziel sei „die Vernichtung des Gegners”. Internetnutzer agierten dabei wie ein „kopfloses Kollektiv”, einem Ameisenhaufen gleich. Bestimmte Bewegungen im Netz ließen einen Sinn für die Würde des Menschen vermissen.

Mehr Regeln im Netz

„Wir brauchen deutliche Regulative im Netzverkehr”, sagte der Bischof deshalb und forderte „viel härtere Strafen” für den Missbrauch des Netzes, etwa wenn Nutzer online zu Lynchjustiz aufriefen, wie dies zuletzt nach einem Kindermord in Emden geschehen sei. Meister verglich die Einführung neuer Regeln mit der Entwicklung des Automobilverkehrs. An die Straßenverkehrsregeln halte sich heute fast jeder ganz selbstverständlich, vor hundert Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Und für eine weitere Idee warb er: „So etwas wie ein autofreier Sonntag wäre ein guter Versuch.” (pro)

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