Gemeinde nicht nur aus Sicht von Ehe und Familie denken

Christliche Gemeinden und theologische Ausbildungsstätten sollen verstärkt Singles in den Fokus rücken. Dazu hat die Theologin Astrid Eichler auf einem Fachtag in Kassel aufgerufen.
Von PRO
Aistrid Eichler (Archivbild) ist Referentin für das Netzwerk christlicher Singles „Solo & Co“

Leiter christlicher Gemeinden und theologischer Ausbildungsstätten sollen das Dasein von Singles und die Arbeit mit ihnen verstärkt zum Thema machen. Das hat die Theologin Astrid Eichler auf einer Fachtagung am Samstag an der CVJM-Hochschule in Kassel gefordert.

Sie beobachte, wie Gemeinden ihre Arbeit oft völlig aus Sicht von Ehe und Familie planten, das Leben als Single nahezu ausgeblendet werde. „Es muss Räume geben, wo zu diesem Thema gelernt und gelehrt wird. Es geht nicht um Singles, es geht um Gemeinden und damit um das Reich Gottes“, erklärte Eichler.

Auf einer Fachtagung über das Leben christlicher Singles beim CVJM Deutschland in Kassel hatten Tobias Künkler und Johanna Weddigen vom Forschungsinstitut empirica ihre aktuelle Studie „Christliche Singles – Wie sie leben, glauben und lieben“ einem breiteren Publikum vorgestellt.

Diener: „Sexualität nicht ideologisieren“

„DEN Single an sich gibt es nicht“, erklärte Michael Diener, der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Seiner Ansicht nach dürften Menschen weder in Schablonen gepresst, noch in Schubladen gesteckt werden. Diener forderte einen verantwortlichen Umgang mit dem Thema in den Gemeinden. Er habe oft Lippenbekenntnisse zu dem Thema gehört. Von Gemeindeleitern forderte Diener, Singles wahrzunehmen und wertzuschätzen.

„Sexualität darf als essenzieller Lebensbereich aller Menschen in der Gemeinde weder ideologisiert noch tabuisiert werden“, erklärte Diener. Vor allem theologisch „enge“ Gemeinden und die gleichzeitige Nichtbeachtung des Themas generierten Unzufriedenheit. „Es geht nicht um die Fokussierung auf einzelne Zielgruppen wie Singles, sondern um gesunde Gemeinden.“

„Singles sind oft Druck ausgesetzt“

„Menschen ohne Partner und Kind sehen sich oft einem ungeheuren Druck ausgesetzt“, sagte Stephan Baas von der Berufsakademie für Gesundheits- und Sozialwesen Saarland. Die Zahl der Ein-Personen-Haushalte werde bis 2040 auf über 40 Prozent steigen. Baas konstatiere eine starke soziologische Individualisierung.

Die Heirat mit über 30 Jahren werde zum Normalfall. Vor allem junge Männer bemühten lange das „Hotel Mama“. Zudem steige die Zahl der Trennungen und Scheidungen nach 30, 40 oder 50 Ehejahren. „Nicht nur die Zahl der Singles hat zugenommen, sondern die Phasen im Lebensverlauf, in der jemand ohne Partner durchs Leben geht.“

Vor allem Frauen stelle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor Herausforderungen. Eine Mutterschaft führe zu höheren Kosten bei Frauen als bei Männern. Er beobachte ähnliche Lebenslagen bei christlichen wie nicht-christlichen Singles. Allerdings hätten Singles, die die eigene Religiosität als hoch einschätzten, häufiger ein bürgerlich-konventionelles Leitbild.

Von: Johannes Blöcher-Weil

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