Marie-Luise Dött: Politik braucht Wettbewerb

Einst drehte sich Marie-Luise Dötts Leben um Diamanten und das Familienunternehmen. Heute engagiert sich die Christin im Deutschen Bundestag vor allem in der Umweltpolitik. Auf ihrem Weg begleiten sie der Glaube, die Prägung der Großmutter und die Geschichte des jüdischen Mädchens Anne Frank.
Von PRO
Marie-Luise Dött (CDU) ist im katholischen Glauben tief verwurzelt

Bevor Marie-Luise Dött Abgeordnete des Deutschen Bundestag wurde, führte sie ein Juwelier- und Goldschmiedegeschäft in Höxter. Heute ist sie bei der CDU im Bundestag zuständig für das Thema Umwelt. Der Weg von den Edelsteinen zum Parlament ist nur gefühlt ein weiter. Denn schon zuhause wurde bei Dött nicht nur Wert gelegt auf den katholischen Glauben, sondern in der Familie ist seit jeher auch die Politik wichtig. Die Großeltern engagierten sich in der katholischen Zentrumspartei.

In der Nazizeit gehörte die Großmutter zum Kreis engagierter Christen um Clemens August Graf von Galen, den Bischof von Münster, der öffentlich gegen die Tötung so genannten „lebensunwerten Lebens“ durch die Nazis eintrat. „Sie war das Haupt der Familie“, erklärte Dött bei einem Gesprächsabend in Berlin, zu dem Uwe Heimowski, Politikbeauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz, in dieser Woche eingeladen hatte. „‚Sowas darf nie wieder passieren!‘ – das war die Überschrift in unserem Haus“, sagte Dött. Die Großmutter hat die Politikerin geprägt. „Wenn man von etwas überzeugt war, dann erwartete sie, dass man etwas tut“, erzählte Dött. Auch ihre Geschwister sind deshalb heute alle politisch tätig.

Begeisterung für Anne Frank

Dött wird 1968 als Schülersprecherin politisch aktiv. „Da war ich noch sehr links und fühlte mich für die ganze Welt verantwortlich“, sagt sie rückblickend. Weil sie ihren christlichen Glauben aktiv leben wollte, gründete Dött eine Jugendgruppe, Mädchen und Jungen zusammen. Dött war schon damals begeistert von Anne Frank: „Die Selbstständigkeit dieses 13 Jahre alten jüdischen Mädchens hat mich fasziniert. Das fand ich ein gutes Beispiel für Jugendliche, wie man etwas verstehen kann.“ Dött gründete, ermutigt vom Schulpriester, in Höxter eine Jugendgruppe unter dem Namen des Holocaust-Opfers. Die Jugendgruppe besteht noch heute.

In der Jungen Union war sie nie. Im Alter von 31 Jahren trat die Edelsteinexpertin 1984 der CDU bei. Bundespolitik wollte sie eigentlich nie machen. Da ihrer Ansicht nach aber das Parlament die gesamte Bevölkerung abbilden muss und wenige Mittelständler vertreten waren, ließ sich Dött 1997 in der SPD-Hochburg Oberhausen als Kandidatin für den Bundestag aufstellen. „Wir brauchen mehr Mittelständler in der Politik“, fordert sie noch immer. 94 Prozent der deutschen Wirtschaft seien mittelständisch, davon mehr als die Hälfte Familienunternehmen mit durchschnittlich 50 Mitarbeitern. „Der Mittelstand findet nicht statt in der Politik, trägt aber unsere Gesellschaft“, sagte sie.

Dött sieht inhatliche Angleichung von CDU und SPD kritisch

Wenn in Politik und Gesellschaft über Wirtschaft geredet werde, spreche man lediglich von den 6 Prozent, die nicht zum Mittelstand gehörten. Von 2001 bis 2017 war Dött Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer. Dass sich CDU und SPD inhaltlich angleichen, sieht sie kritisch: „Politik kann nur gelingen, wenn man im Wettbewerb Politik macht. Wenn die Parteien unterschiedliche Meinungen vertreten und über jeden Aspekt um den richtigen Weg ringen.“

Unterstützung findet die Politikerin in ihrem Ehemann, der evangelisch ist. „Aber wir haben eine gemeinsame Basis“, sagte sie. Dött schätzt die Geborgenheit in der Familie und, dass „man gemeinsam an etwas glaubt“. Die engagierte Unionspolitikerin setzt sich auch gerne einmal in eine leere Kirche, weil die „so aufgeladen“ sind. „Die Atmosphäre einer Kirche ist etwas ganz Besonderes, und das gibt mir Kraft.“ Sie mag das biblische Gleichnis von den anvertrauten Talenten: „Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mensch mit anderen Talenten angetreten ist und dass wir alle unterschiedlichen Talente brauchen auf der Welt. Aber auch, dass jeder die Verpflichtung hat, seine Talente einzusetzen.“

Sie sagt von sich, dass sie zu „Freiheit und Verantwortung“ erzogen wurde und „dass man die Freiheit hat zur Verantwortung“. Dött legt Wert auf Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit. Dabei denkt sie nicht nur als Christin, sondern auch als ökonomische Unternehmerin: „Es ist viel einfacher, die Wahrheit zu sagen. Es braucht weniger Energie, weil man sich nicht daran erinnern muss, wo man einmal nicht die Wahrheit gesagt hat.“ Im Bundestag geht sie wöchentlich zusammen mit anderen Abgeordneten in die Messe, wenn es die Zeit erlaubt.

„Das ist Schöpfung“

Ihre naturwissenschaftlichen Kenntnisse als Edelsteinkundlerin helfen der Politikerin in der Umweltpolitik, wenn es darum geht, „analytisch an Probleme heran zu gehen“. Mit leuchtenden Augen und Begeisterung spricht sie über Minerale. „Edelsteine sind eine bunte, faszinierende Welt. Das ist Schöpfung.“ Die liegt Dött am Herzen. Besonders die Menschen darin. Das erkennt man ebenfalls an ihrem Engagement für Ambulante Hospize. Zusammen mit ihrem Mann hat die Politikerin drei Pflegekinder großgezogen, ein weiteres Kind, den Sohn, adoptiert. „Das geht in einem Familienbetrieb einfach so“, sagte sie mit einer Selbstverständlichkeit, als ob das ein Kinderspiel gewesen sei.

Zur Abstimmung über die „Ehe für alle“ im Deutschen Bundestag vertritt Dött eine unpopuläre Meinung: „Als Katholikin ist die Ehe ein Sakrament, das sich die Eheleute gegenseitig spenden.“ Das sei nur zwischen einem Mann und einer Frau möglich. Sie konnte deshalb nicht zustimmen. Dennoch sagte sie: „Das christliche Abendland wird deshalb nicht untergehen.“ Sie bewertete auch das Adoptionsrecht für Homosexuelle kritisch. Es werde so diskutiert, also ob jedes Paar Kinder haben dürfe, als ob ein Recht bestünde, Kinder zu bekommen. „Das Kind kommt zu den Eltern – nicht umgekehrt. Das muss anders herum gedacht werden. Einem Kind steht ein Vater und eine Mutter zu. Nicht anders. Denn nur so kann ein Kind beide Seiten des Menschen erleben“, sagte sie. „Es wird einfach alles gleich gemacht und die Einzigartigkeit des Einzelnen nicht mehr gewürdigt.“

Von: Norbert Schäfer

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