„Bewahrung von Gottes Schöpfung in die Gemeinden tragen“

Eine Gruppe von Christen aus 13 verschiedenen Ländern ist auf der Weltklimakonferenz in Bonn unterwegs. Für die Bewahrung von Gottes Schöpfung ging sie auf die Straße. Eine Reportage von Michael Müller
Von PRO
Für eine gerechtere und nachhaltigere Welt mit Jesus: Micah und „Renew Our World“ demonstrieren in Bonn

Es nieselt im Botanischen Garten in Bonn. Knapp 60 Menschen aus 13 verschiedenen Ländern haben sich um die Acacia pravissima versammelt. Es ist ein Strauch, der vor allem in Australien wächst. In Europa wächst er eigentlich nur hinter Glas. Durch die Klimaerwärmung gedeiht er nun aber auch hier an der frischen Luft. Gespendet haben die Pflanze die internationale Organisation Micah Global und die „Renew Our World“-Kampagne. Deren Vertreter sind zum Weltklimagipfel in Bonn zusammengekommen. Während die jüngste Teilnehmerin am Samstagnachmittag das Patenschild an den Strauch setzt, bildet sich ein Gebetskreis. Es ist ein imposantes, kraftvolles Bild. „Wir haben Hoffnung in unsere Länder zu bringen. Wir sind verantwortlich, die gute Nachricht von der Bewahrung von Gottes Schöpfung in unsere Gemeinden zu tragen“, sagt ein Schweizer Teilnehmer zum Abschluss in die diesige Dämmerung.

Es ist Samstagmorgen und Micah-Leiterin Sheryl Haw ergreift das Wort in der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in Bonn, wo einige der Teilnehmer untergekommen sind. „Wir wollen ein Katalysator sein, der Menschen zu Gerechtigkeitsfragen anregt.“ Micah hat weltweit 800 Mitglieder. Micha Deutschland hat geholfen, das Treffen in Bonn zu organisieren. Es sind unter anderem Teilnehmer aus Sambia, Australien, Frankreich, Belgien, Simbabwe, USA, Indien, Schweiz und Großbritannien dabei.

Im Botanischen Garten in Bonn hat sich ein Gebetskreis um die gestiftete australische Acacia pravissima gebildet Foto: pro/Michael Müller
Im Botanischen Garten in Bonn hat sich ein Gebetskreis um die gestiftete australische Acacia pravissima gebildet

Keine großen Erwartungen an die Weltklimakonferenz

Helen aus Australien betrachtet die aktuellen Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz in Bonn, die vom 6. bis 17. November stattfindet, nüchtern: „Ich habe keine großen Erwartungen an die Konferenz.“ Ziel sei es, das Momentum des Pariser Klimaabkommens von 2015 zu behalten. In Bonn gehe es darum, zu zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die ärmsten Länder der Welt hat. Den Vorsitz der Weltklimakonferenz in Bonn hat Fidschi. Dem Inselstaat aus dem Südpazifik droht durch den Klimawandel die Überschwemmung seiner Küstenregionen.

Deswegen wollen Micah und die internationale „Renew Our World“-Kampagne heute gemeinsam eine Petition an Delegierte der Fidschi im Botanischen Garten übergeben. Die Petition setzt sich dafür ein, das Pariser Klimaabkommen in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Zu den Unterzeichnern zählen der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter, die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Irmgard Schwaetzer, und der Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen in Deutschland, Christoph Stiba. Eine der Forderungen lautet, dass die globale Erwärmung die kritische Schwelle von 1,5 Grad nicht überschreitet.

„Nicht allein der Mensch, sondern die gesamte Schöpfung im Mittelpunkt“

Cookie aus Indien erzählt in der Baptistenkirche von ihrer christlichen Familie, die sich für Tiere einsetzte und ihren Müll recycelte. „Es war aber nicht mit dem Glauben verbunden“, sagt Cookie. Als Christen müssten die Menschen sich viel stärker für die Schöpfung einsetzen. Gott habe uns eine Verantwortung gegeben. „Es ist eine häufige Missinterpretation der Bibel. Nicht allein der Mensch, sondern die gesamte Schöpfung steht im Mittelpunkt“, sagt Cookie.

Richtig spannend wird es, als es in kleineren Diskussionsgruppen darum geht, was Christen den säkularen Umweltschützern voraus haben. Christliche Umweltschützer seien freier in der Arbeit, weil sie nicht an Erfolg oder Misserfolg geknüpft sei, findet Theo aus der Micha-Lokalgruppe Marburg. Die Gnade Gottes sei immer da. Einig sind sich alle, dass Christen zusätzlich das Gebet als Mittel besitzen. Die Motivation als Umweltschützer sei unter Christen auch größer, weil es um Gottes Schöpfung geht, sagt Marianne.

An der Bushaltestelle Saarstraße lassen sich die Umweltschützer nicht von einem vorerst ausbleibenden Bus entmutigen Foto: pro/Michael Müller
An der Bushaltestelle Saarstraße lassen sich die Umweltschützer nicht von einem vorerst ausbleibenden Bus entmutigen

Die Gruppe steht an der Bushaltestelle vor der Baptisten-Gemeinde. Gegenüber steigt gerade eine Miezekatze mit ihrem Freund, der einen übergroßen Zylinder trägt, in einen Bus, der in die falsche Richtung fährt. Die Umweltschützer wollen in den Stadtkern, wo heute Tausende Menschen gegen den Klimawandel demonstrieren. Am 11. November hat aber auch der Karneval in Teilen Deutschlands begonnen.

Der Wille, die Erde fairer zu gestalten

Gegen den Klimawandel zu demonstrieren, bedeutet auch Warten. Der Führer der Gruppe bezieht seine exklusiven Informationen zur Busankunft über Google Maps. So steht die Gruppe zwanzig, dreißig Minuten gemeinsam im Regen an der Haltestelle. Eine gute Gelegenheit, die einzelnen Teilnehmer kennenzulernen. Der 29-jährige Waldemar mit dem dichten Vollbart studiert zum Beispiel Wirtschaftsgeographie und hat ein junges Kind. Eines seiner Spezialgebiete ist „Social Enterprise“. Dabei geht es um die Beratung von Firmen, die sozialer und umweltbewusster agieren wollen. Jemand arbeitet in einem Laden für nachhaltige Kleidung, eine andere Teilnehmerin studiert Ernährungswissenschaften. Es gibt Mediziner, Menschen, die in die Entwicklungshilfe wollen oder sich für „grünere“ Städte einsetzen. Sie vereint der Glaube an Gott und der Wille, die Erde wieder ein Stück weit fairer gestalten zu wollen. Außerdem tragen sie über ihren warmhaltenden Klamotten heute alle bordeauxrote Shirts. Auf Englisch steht darauf: „Liebe deinen Nächsten, kümmere dich um die Schöpfung“.

Die Gruppe ist zu groß für den kleinen Stadtbus. Mit Geduld und guten Worten schaffen es alle Teilnehmer trotzdem rein. Es ist die sanfteste Kaperung eines Linienbusses in der Geschichte der Stadt Bonn. An jeder Haltestelle steigen Gruppenteilnehmer aus, um den anderen Passagieren den Weg frei zu machen. Die Stimmung ist gelöst.

Brückenbauen auf der Demonstration

Der Stadtbus fährt an den Polizeiabsperrungen ins Zentrum der Demonstration. Die christlichen Teilnehmer landen an einer Bühne, wo der Redner gerade die Marxistin Rosa Luxemburg feiert. Ellie gefällt es hier. Der Brückenbau sei ihre Spezialität, sagt die Münchnerin. Deswegen findet sie die Teilnahme an der Demonstration auch wichtig. Es gebe Christen, welche eher linke Positionen einiger anderer Demo-Teilnehmer ablehnen würden. „Aber der Einsatz für Gottes Schöpfung verbindet hier die Menschen“, sagt Ellie. Die Gruppe entrollt ihr eigenes Banner. Darauf steht auf Englisch: „Begleite uns dabei, wie wir Jesus im Gebet und mit unseren Taten folgen, um eine gerechtere und nachhaltigere Welt zu erleben.“ Zu ihnen gesellt sich eine strahlende Peruanerin in traditioneller Tracht, die sofort Fotos mit den christlichen Umweltschützer machen will.

Im Botanischen Garten Bonn herrschen tropische Temperaturen Foto: pro/Michael Müller
Im Botanischen Garten Bonn herrschen tropische Temperaturen

Der Botanische Garten hat extra seine Türen für die Gruppe geöffnet, weil er die Petition von Micah und „Renew Our World“ unterstützt. Da es inzwischen so stark regnet, haben die Verantwortlichen das weitere Programm kurzerhand in den überdachten Teil des Botanischen Gartens verlegt. Hier herrschen mit bis zu 30 Grad tropische Temperaturen, was den Beteiligten den Schweiß auf die Stirn treibt. Ganz praktisch erfahren sie am eigenen Leib, wo die Klimaerwärmung bei fehlenden Gegenmaßnahmen eines Tages noch hinführen könnte. Während der Technische Leiter des Botanischen Gartens, Markus Radscheit, über die Pflanzenentwicklung sei Anbeginn der Zeit referiert, setzen Wasseranlagen an der Gebäudedecke einen feinen Nebel in die Luft. Die Vertreter der Fidschi schaffen es an diesem Tag nicht mehr in den Botanischen Garten. Offizielle von Micah haben die Petition auf der Klimakonferenz stellvertretend überreicht.

Von: Michael Müller

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