Pop-Oratorium „Luther“ mit stimmgewaltigem Tourfinale 2017 in Berlin

Mit über 4.000 Sängerinnen und Sängern ist in Berlin das Pop-Oratorium „Luther – Das Projekt der tausend Stimmen“ als Tourfinale aufgeführt worden. Das Werk von Dieter Falk und Michael Kunze begeisterte in der ausverkauften Mercedes-Benz Arena Jung und Alt. Am Ende stimmten die rund 10.000 Zuschauer mit ein.
Von Christina Bachmann
Im Jubiläumsjahr der Reformation tourte das Pop-Oratorium durch Deutschland. Das ZDF hat die Aufführung in Berlin aufgezeichnet und strahlt sie am Reformationstag um 22 Uhr aus.

Gänsehautfeeling pur – gemeinsam mit dem über 4.000-köpfigen Chor stimmte die ganze Halle stehend und mitklatschend in die Oratoriums-Hymne ein: „Wir sind Gottes Kinder, wo auch immer: Keiner ist allein. Und sind wir auch Sünder, es muss niemand ohne Hoffnung sein!“ Komponist Dieter Falk weiß, wie ein Musical funktioniert. Mit den eingängigen Texten von Librettist Michael Kunze gab es so einige Gänsehaut-Momente während des rund zweistündigen Spektakels in der Mercedes-Benz Arena in Berlin. Etwa beim Bekenntnis der Marketenderin Lara, der Luther einst Mut zugesprochen hatte und die sich mit ihrem Lied an jeden Zuhörer ganz persönlich wendet: „Gott liebt dich, er bleibt dir nah!“

Das Pop-Oratorium erzählt in mehreren Szenen, was auf dem Reichstag zu Worms 1521 geschah, wo Luther seine Thesen widerrufen soll. Aber auch andere Stationen in Luthers Leben zeichnet das Stück nach. „Wer ist Martin Luther?“, fragen der Chor und die zwölf Musicalakteure zu Beginn. Luther als Kind kommt auf die Bühne, er wird vom Vater streng erzogen und auch geschlagen. In einem Unwetter begegnet er später Gott und gelobt, Mönch zu werden. Der Reichstag selbst wird als großes Event dargestellt. Alle sind gespannt auf den „Mönch aus Wittenberg“. Doch Luther (dargestellt von Frank Winkels) wehrt sich dagegen, die Erwartungen zu erfüllen: „Ihr irrt euch, ich bin nicht euer Mann!“ Er werde niemals ein Held sein, so Luther.

Es geht um Macht

Sein Wort verbreitet sich durch den Buchdruck. Multiplikation und Wissensexplosion sind die Schlagwörter, die bewusst auf die heutige Zeit zielen. „Multiplikation ist die Zukunft!“, singt der Chor. Die Kirche fühlt sich bedroht und fordert: „Weg mit dem Mönch!“ Der aber bekennt leidenschaftlich, was für Komponist Dieter Falk und Texter Michael Kunze der Kerngedanke des Oratoriums ist: „Ich will selber denken!“ Ablassprediger mit silberglänzenden Anzügen treten auf, halten ihre Hüte den Zuschauern hin. „Wenn das Geld in den Kasten fällt, springt die Seele aus dem Feuer“, singen die Sängerinnen und Sänger. Der Kaiser (dargestellt von Falks Sohn Paul) spaziert mit dem Smartphone über die Bühne und schießt Selfies. Es geht um die Machtspiele der weltlichen und kirchlichen Herrscher. Auch Gott wird zum Machtfaktor im menschlichen Kalkül. Dem steht die Hymne mit Luthers Aussage entgegen: „Wir sind Gottes Kinder!“

Martin Luther ringt um Antworten vor dem Reichstag. Er erbittet sich Bedenkzeit, durchleidet Zweifel und Anfechtung. Durch den Römerbrief erlangt er innere Ruhe und Gewissheit. „Hier steh ich. Amen“, ist sein Bekenntnis vor den Oberen. Die intrigieren hinter den Kulissen. Luther weigert sich erneut, zu widerrufen. Der Kaiser will ihn auf dem Scheiterhaufen sehen, der Reformator verlässt bei Nacht und Nebel Worms und wird auf der Wartburg als „Junker Jörg“ in Sicherheit gebracht. „Ich hab zu tun“, kündigt er seine Bibelübersetzung an. Am Ende richtet sich die Frage an das Publikum: „Wer war Martin Luther?“

Dieter Falk hat die Musik zum Pop-Oratorium „Luther“ geschrieben Foto: Christina Bachmann
Dieter Falk hat die Musik zum Pop-Oratorium „Luther“ geschrieben

Agnostiker und Christ bringen Luther auf die Bühne

Moderne Popsongs gemischt mit Originalchorälen von Luther wie „Ein feste Burg“ machen das Oratorium aus. Das E-Gitarrensolo steht neben klassischen Streicherpassagen – das Sinfonieorchester gehört zur Besetzung wie die Rockband (an den Drums auch hier ein Falk-Sohn, Max). Librettist Kunze ist als Autor von Musicals wie „Tanz der Vampire“ bekannt. Er hat auch die deutschen Versionen von Lloyd-Webber-Werken wie „Cats“ und „Das Phantom der Oper“ geschrieben. Komponist und Pop-Produzent Falk saß bei der Castingshow „Popstars“ in der Jury und ist sowohl in der christlichen als auch in der säkularen Musikszene erfolgreich. Seit 1985 brachte er mehrere Soloalben heraus und beteiligte sich an vielen Projekten.

„Musik und Text bilden bei ‚Luther‘ eine Einheit, beides unterstützt sich gegenseitig“, so Peter Krumm, Pressesprecher der Aktion. Während Musikproduzent Falk keinen Hehl aus seinem christlichen Glauben macht, ist Texter Kunze laut Krumm ein „Agnostiker, offen, aber fragend“. „Wenn man die Texte liest, sind sie christozentrisch angelegt. Kunze hat sich in Luther reingefühlt“, findet Krumm. Das Pop-Oratorium sei keine Missionsveranstaltung, aber ideal, um auch Freunde und Arbeitskollegen mitzubringen.

Falk selbst bezeichnete vor der Aufführung in Berlin das Werk als „Mainstream-Stück“. Dem Publikum gefiel es, vor allem beim Finale wurde mitgetanzt, mitgesungen und applaudiert. Librettist Kunze wäre ebenfalls gern dabei gewesen, kam aber nach dem Sturm „Herwart“ nicht aus Hamburg weg. Im Publikum saß auch politische und kirchliche Prominenz, darunter der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sowie die Projektpaten Margot Käßmann und Eckart von Hirschhausen, der das Finale für die ZDF-Aufzeichnung moderierte (Austrahlung am 31.10.2017, 22 Uhr).

Auch Katholiken singen über Luther

„Luther“ war am Reformationstag vor zwei Jahren in Dortmund uraufgeführt worden. In diesem Jahr tourte das Pop-Oratorium durch 14 Städte Deutschlands. Am 3. Februar wird das Oratorium noch einmal in Braunschweig aufgeführt. Der Mega-Chor wurde jedes Mal aus regionalen Chören neu zusammengesetzt. Bewerben konnten sich Kirchen- und Gospelchöre, Schul- und Jugendchöre sowie einzelne Sänger. Viele seien „Wiederholungstäter“ und hätten gleich bei mehreren Aufführungen mitgesungen, so Pressesprecher Krumm. „Das Projekt verbindet die Konfessionen“, freut er sich – auch katholische Sängerinnen und Sänger hätten das Leben des Reformators besungen. Neben den Großproduktionen veranstalten Chöre das Projekt auch auf lokaler Ebene.

Das Pop-Oratorium „Luther“ in Berlin ist ein Projekt der Stiftung Creative Kirche in Kooperation mit der EKD und weiteren Partnern. Die Stiftung Creative Kirche mit Sitz in Witten ist eine selbständige kirchliche Stiftung innerhalb der Evangelischen Kirche von Westfalen, entstanden aus einem Gospelprojekt. In den Jahren 2010 bis 2012 produzierte sie mit den „Luther“-Machern Falk und Kunze bereits „Die 10 Gebote“. Mit diesem Werk hatten die beiden die Gattung Pop-Oratorium ins Leben gerufen.

Von: Christina Bachmann

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Eine Antwort

  1. Hallo, durch Zufall habe ich heute diese Web-Seite entdeckt. Ich habe als Chorsänger vor vier Jahren an der Festaufführung „LUTHER“ in Berlin teilgenommen. Für mich war es der Höhepunkt einer Serie von Aufführungen, die mit der Uraufführung am Reformationstag 2015 begann und nach 12maliger aktiver Teilnahme mit dem Festkonzert endete. Bei den Großprojekten „DIE ZEHN GEBOTE“ und „MARTIN LUTHER KING“ war ich ebenfalls aktiv dabei und bin auch bereits für „BETHLEHEM“ im kommenden Jahr angemeldet Ich werde im nächsten Monat 83 Jahre alt und bin seit meiner Geburt katholisch. Na und? Seit einigen Jahren singe ich in einer örtlichen evangelischen Kantorei mit großer Freude mit und hoffe, noch lange die nötige Kraft dazu zu haben.
    Mit freundlichem Gruß
    Gerhard Jansen

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