US-Filmstart von „Maria Magdalena“

Der Film „Maria Magdalena“ ist am Freitag in den USA angelaufen. Der Schauspieler Joaquin Phoenix berichtet gegenüber CNN, dass er Jesus vor allem menschlich darstellen wollte. Hauptdarstellerin Rooney Mara erklärte, warum sie zunächst Vorurteile aus ihrer katholischen Erziehung überwinden musste.
Von Jörn Schumacher
Die Darstellung der Maria Magdalena und von Jesus im Film „Maria Magdalena“ passt nicht allen konservativen Christen in den USA

Am Anfang des Films heilt Jesus eine blinde Frau, indem er Dreck auf die Augen schmiert – im Johannes-Evangelium ist es zwar ein Mann, im Film jedoch eine Frau. „Als ich die Stelle las, dachte ich: Ich werde ihr auf keinen Fall Dreck in die Augen reiben“, sagte der Schauspieler Joaquin Phoenix, der im Film „Maria Magdalena“ Jesus darstellt, gegenüber CNN. „Wer um Himmels willen würde das tun? Das ergibt keinen Sinn.“ Der Schauspieler entschloss sich dazu, stattdessen seinen Finger mit Spucke zu befeuchten und dann der Frau sanft die Augenlider zu reiben.

„Ich war auf einmal auf eigenartige Weise beeindruckt“, sagte Phoenix, „was für ein Moment voller Wahrheit das war. Es ging gar nicht so sehr um das Wunder. Es ging darum, dass jemand, der von der Gesellschaft verachtet worden war, nun endlich von jemandem gesehen, umarmt und eingeladen wird, zur Gemeinschaft dazuzugehören. Das ist für mich das Wunder.“ Die Bibel erkläre nicht ausdrücklich, warum Jesus Dreck oder Erde benutzte, um den Blinden zu heilen, doch manche Experten gingen davon aus, dass dies gängige Praxis unter Heilern dieser Zeit war, schreibt CNN.

Der Film greife patriarchale Gesellschaftsstrukturen von Religionen an, schreibt der Nachrichtensender weiter. Die Filmemacher wollten die Geschichte aus einer weiblichen – und feministischen – Perspektive erzählen. Maria Magdalena werde hier dargestellt als jemand, der auf einer geistlichen Suche ist. Dass Jesus die Frau in die Gemeinschaft mit aufnimmt, verärgert einige andere Apostel. Insofern speise sich der Film auch aus der Debatte um „#MeToo“.

Der Film lief in Deutschland am 15. März 2018 an. Regisseur Garth Davis sagte, er habe sich von der Kirche entfernt gefühlt, als er in Australien aufwuchs. Sein spirituelles Leben habe sich eher außerhalb der institutionalisierten Religion abgespielt. Gegenüber CNN sagte Davis: „Ich wollte keinen religiösen Film drehen. Ich wollte einen spirituellen Film machen.“

Kritik von Konservativen

Die Schauspielerin Rooney Mara sagte gegenüber CNN, in einer Szene sage Maria, das Königreich Jesu sei etwas, was man nicht mit den Augen sehen könne. Es sei stattdessen der Entschluss, sich von Zorn und Feindseligkeit loszusagen. Mara ergänzte: „Es ist kein Ort, an den man kommen kann. Es ist ein Entschluss, den man jeden Tag, jeden Moment, neu treffen muss.“ Sie selbst habe eine „Last“ zu tragen gehabt, weil sie auf eine katholische Schule gegangen sei, und sie habe deswegen bei dem Projekt Skepsis gehabt. Doch dank des Regisseurs habe sie einen neuen Blick auf die Geschichte um Maria Magdalena bekommen können.

Anders als in vielen Darstellungen der Kulturgeschichte werde die Beziehung zwischen Jesus und Maria, der ehemaligen Prostituierten, zwar emotional, nicht jedoch in sexueller Anspielung dargestellt. Mara: „Der Kern dieser Beziehung basiert darauf, dass sie beide den jeweils anderen verstanden haben. Maria hat sich ihr Leben lang wie fehl am Platze gefühlt, doch die beiden verstehen sich auf eine Weise, die sonst keiner nachvollziehen kann. Das ist echte Liebe.“

Kutter Callaway, Assistenz-Professor am Fuller Theological Seminary, einer evangelikalen Hochschule in Kalifornien, sagte gegenüber CNN: „Viele Konservative werden sich wohl umgehend ärgern, wenn sie nur sehen, dass hier Jesus Worte in den Mund geschoben werden, die er so nicht laut der Bibel gesagt hat.“ Dennoch ist Callaway, der den Film bereits gesehen hat, überzeugt, dass Jesus hier auf eine gute Art und Weise „verweiblicht“ werde. Es werde unter anderem deutlich, wie radikal Marias Entscheidung damals war, ihre Familie zu verlassen, um Jesus nachzufolgen.

Manche konservative Christen hätten den Film bereits kritisiert und gesagt, seine Botschaft sei gotteslästerlich und basiere nicht auf der Bibel. Callaway ergänzte, die Darstellung Jesu von Joaquin Phoenix sei alles andere als das übliche „glückliche, fröhliche, Superhelden-Bild“ von Jesus wie in vielen anderen Jesus-Filmen. Bei Phoenix sei Jesus eher der Leidensmann als der strahlende „König der Könige“. Phoenix sagte dazu: „Der Film stellt dar, dass wir alle beide Aspekte gleichzeitig in uns tragen. Das glaube ich jedenfalls.“ Jesus selbst erscheine in der Bibel manchmal voller Wut, und dann wieder voller Frieden. „Er ist ein Mensch. Wir haben uns darauf konzentriert, darzustellen, dass alles, was er fühlte, sehr stark war.“

Von: Jörn Schumacher

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