Zwangsverheiratet mit Zwölf

Das Hilfswerk „Mission Freedom“ will mit einem Film über Menschenhandel und Zwangsprostitution in Deutschland aufklären. Darin berichtet unter anderem eine Frau, die in Bulgarien mit zwölf Jahren zwangsverheiratet wurde.
Von PRO
Alina wurde mit 12 Jahren zwangsverheiratet. Jetzt blickt sie hoffnungsvoll in die Zukunft

Mit der Frage „Was wäre, wenn es meine Tochter wäre“ hat für die Hamburger Pastorin Gaby Wentland, Gründerin von „Mission Freedom“, alles angefangen. Der nun erschienene gleichnamige Film soll auf das Leid vieler Frauen und Kinder aufmerksam machen, die meist aus Osteuropa nach Deutschland gelockt und hier in die Prostitution gezwungen werden.
Im Film werden die Geschichten von Katja und Alina erzählt. Katja hat zehn Jahre lang ihren Körper in einem Spielcasino verkaufen müssen, um die Spielschulden ihres Mannes zu tilgen. Unter Drogen- und Alkoholeinfluss bediente sie täglich fünf bis 20 Kunden. „Ich habe einfach nur Angst gehabt. Ich habe nicht gewusst, wo ich hinkomme oder was kommen wird. Ich wollte einfach raus aus diesem Milieu“, sagt sie, während sie aus dem Fenster blickt und dem Zuschauer den Rücken kehrt. Ihr Gesicht bleibt unerkannt.
Ebenso das von Alina. Sie wurde schon mit zwölf Jahren zwangsverheiratet. Während ihrer mittlerweile drei Ehen erlebte sie nur Gewalt und Prostitution. Beide Frauen sehnen sich nach Ruhe und einem normalen Leben. Mission Freedom möchte ihnen dazu eine Perspektive geben. Zu diesem Zweck hat die Organisation in Hamburg das „Mission Freedom Home“ gegründet. Hier können Frauen rund um die Uhr aufgenommen werden. Im Zusammenleben miteinander und durch individuelle Begleitung und Beratung „werden die Frauen stabilisiert und können sich so auf einen Neustart in ein eigenständiges Leben vorbereiten“, sagt die Organisation. Dieser Neustart ist nicht leicht. Im Haus von Mission Freedom erhalten die Frauen psychologische, medizinische und rechtliche Hilfe.

Selbstbestimmte Prostitution ein Märchen

Der Film will das Unrecht, mit dem im Schatten des Rotlichtmilieus sehr viel Geld verdient wird, ans Licht der Öffentlichkeit holen. Das Geschäft mit dem Menschen lebe von der Verdunkelung. Laut Aussage des Kriminalhauptkommissars a. D. Manfred Paulus steht hinter dem Menschenhandel, der in Zwangsprostitution führt „in weiten Teilen organisierte Kriminalität“. Die Vorstellung von der selbstbestimmten Prostituierten sei ein Märchen, heißt es im Film, denn „jeder Meter auf dem Straßenstrich ist vergeben“, erklärt Paulus.
Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich ist sehr schwierig, denn durch Veröffentlichung von Geschichten und Fotos der Betroffenen gefährden diese sich nicht nur selbst, sondern oft auch ihre Kinder. Mission Freedom hat sich dennoch für einen Film als Mulitplikator entschieden. „Über die letzten fünf Jahre haben wir vorsichtig mit tapferen Frauen gesprochen und sie gefragt, ob sie für die Aufklärung der Gesellschaft bereit wären und sie haben mit einem klaren Ja geantwortet“, erklärt Wentland, die 2013 für ihre Arbeit mit dem Bürgerpreis der deutschen Zeitungen ausgezeichnet worden ist. Für die Zukunft wünscht sie sich, ein weiteres Haus für Aussteigerinnen eröffnen zu können.
Der Verein Mission Freedom wurde 2011 zur Bekämpfung von Menschenhandel und Zwangsprostitution gegründet. Er steht im Verbund der Diakonie und dem Bündnis „Gemeinsam gegen Menschenhandel“. Zur Arbeit der Organisaiton gehören ausserdem Streetwork und ein Café für Frauen im Rotlichtmilieu. 2013 geriet der Verein unter anderem in die Kritik der Tageszeitung taz, weil er angeblich hauptsächlich die „Bekehrung“ von Frauen beabsichtige. Wentland, die auch dem Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz angehört, wies dies gegenüber pro zurück. (pro)„Ich sehe mich nicht als Opfer“ (pro)
Verleger zeichnen Mission Freedom aus (pro)
Hoffnung für eine ungerechte Welt (pro)

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