Mönche kennen sie schon lange: Tipps zur Quarantäne

Quarantäne-Zeit bedeutet, allein oder mit mehreren Menschen auf begrenztem Raum für längere Zeit zusammenzuleben. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Wer könnte besser Rat geben als ein Benediktinermönch? Der Pater und Bestsellerautor Anselm Grün gibt in einem aktuellen Buch zur Corona-Krise eine „Gebrauchsanweisung“. Eine Rezension von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Eine „Gebrauchsanweisung“ gibt der Benediktinermönch Anselm Grün in seinem Buch zur Corona-Krise. Erhältlich als gebundenes Buch und als eBook.

„Quarantäne!“ – so steht der Titel, mit einem Ausrufezeichen versehen, auf dem Buchcover. Passend zu dem Ausruf, der bei vielen derzeit zu einem Hilferuf wird, bietet Pater Anselm Grün von der Benediktinerabtei Münsterschwarzach eine „Gebrauchsanweisung: So gelingt friedliches Zusammenleben zu Hause“, erschienen bei Herder.

Was tun in Zeiten der Corona-Krise, in der Menschen zu Hause bleiben müssen und nicht wie gewöhnlich ihre sozialen Kontakte pflegen können? Ein Pater wie Pater Anselm Grün kann aus einem reichen und sehr alten Schatz der Erfahrung schöpfen: Denn wenn jemand Experte für das Leben in Abgeschiedenheit und für das Zusammenleben auf engstem Raum ist, dann Mönche. „Damit kennen wir uns aus“, so Grün. Er schrieb die Lebenshilfe gemeinsam mit Simon Biallowons, Absolvent der katholischen Journalistenschule ifp und Cheflektor des Herder Verlages.

Die Autoren erinnern daran, dass der Begriff „Quarantäne“ selbst im Zusammenhang mit den 40 Tagen steht, die in der Bibel bei Fastenzeiten erwähnt werden. „Dass die Corona-Quarantäne mit der Fastenzeit zusammenfällt, ist dabei ein bemerkenswerter Zufall.“ Um Gott und die Bibel geht es in dem Buch ansonsten eher weniger, das Buch gibt zahlreiche Tipps für das zwischenmenschliche Miteinander, das für manche in Zeiten von Corona auf eine Probe gestellt wird. Es sei daher für alle gedacht, „die durch die Corona-Krise aus dem Gleichgewicht geraten sind“. Aber weil das Leben auch sonst durchzogen ist von Situationen, die von Krankheit, Tod und Leid bestimmt sind, ist das Buch auch für Zeiten nach der Krise durchaus ein guter Ratgeber. Wie schnell sind die Probleme der Quarantäne da, wenn sich eine Familie wegen schlechten Wetters für längere Zeit in einer Hütte „auf die Pelle rückt“?

Aufeinander hören

Benedikt von Nursia (480–547) habe klare Weisungen für ein gelingendes Leben in Quarantäne gegeben, so Grün. Dazu gehöre etwa das Aufeinanderhören. „Wir können das Hören neu einüben, gerade jetzt, es ist eine Chance.“ Das bedeute keineswegs, dass nun alle ständig reden, sondern es bedürfe gerade der Stille, damit sich die Menschen „nicht auf die Nerven gehen“. Das Hören aufeinander bedeute auch Gehorsam, so Grün. Beim Leben in einem Kloster existentiell für den Frieden. Und „Gottesdienst“ heiße bei Benedikt im Übrigen auch Dienst am anderen Menschen.

Es gehöre aber ebenso dazu, Widerstände auszuhalten. „Die Klostergemeinschaft ist eben nicht nur eine heile Welt, sondern es gibt auch hier Konflikte, die ausgehalten und gelöst werden sollen.“ Wenn beispielsweise jemand in der Gemeinschaft „sich eine schöne Zeit macht“ und anderen das Arbeiten überlässt, kann das zum Gefühl der Überforderung bei anderen führen – und krank machen. Ebenso seien Untätigkeit und Langeweile in Zeiten der Quarantäne eine Gefahr. Grün schlägt zum Kampf gegen die Behäbigkeit auch Sport vor. Der Mönch betont zudem die Bedeutung von Ritualen: „Es geht darum, in Freiheit seine eigenen Rituale zu finden, die zu einem passen.“ Denn: „Rituale sind Geländer für die Seele.“ Diesem Thema widmen die Autoren ein längeres Kapitel.

Quarantäne als Chance, nach Gott zu suchen

Selbstverständlich ist Grün auch Lagerkoller bekannt, der sich durch Aggressivität, Empfindlichkeit, Gereiztheit, Unzufriedenheit ausdrücke. Im Grunde sei eine Ziellosigkeit daran schuld, so Grün. Daher gibt er als Tipp: ein neues Ziel setzen. Das lenke den Blick aus der aktuellen Situation hinaus aus dem Lager.

Schließlich diene die Zeit der Zurückgezogenheit der Suche nach Gott. Er finde es schade, dass es nicht mehr wie früher in vielen Häusern einen „Herrgottswinkel“ gebe, ein Kreuz, vielleicht davor eine Bibel. Dort habe man sich zurückziehen können. In der Zelle lerne ein Mönch, von Gott angenommen zu werden, schreibt der Benediktiner. Und wer sich angenommen wisse, könne mit sich und anderen auskommen. Schon der gläubige französische Mathematiker Blaise Pascal habe erkannt: Das Problem des modernen Menschen bestehe darin, dass keiner mehr allein in seinem Zimmer bleiben könne. Grün fügt hinzu: „Wenn ich mich vor Gott in meiner Zelle, in meiner Nische aushalte, dann wird die Nische zu einer ‚Zelle des Friedens‘“.

Anselm Grüns Anregungen auch im Fernsehen

Die „Gebrauchsanweisung“ in Zeit der Corona-Krise bleibt mit geistlichen Ratschlägen erstaunlich dezent – ist der Autor doch selbst ein Geistlicher. Die Ratschläge könnten weitestgehend auch von einem säkularen Lebensratgeber stammen, etwa von einem Psychologen. Dennoch spürt man die Quelle der jahrhundertealten Weisheiten durch. Der Mönch in der Zelle hat sich freiwillig auf die Suche nach innerem Frieden, und nach Gott, begeben. In der Corona-Krise tun dies viele Menschen derzeit vielleicht eher gezwungenermaßen. Die Gebrauchsanweisung von Anselm Grün und Simon Biallowons gibt es als gebundenes Buch, und – passend zur Zeiten der Quarantäne – auch als eBook.

Im Fernsehsender ARD-alpha gibt Anselm Grün ab Donnerstag, dem 2. April 2020, immer werktags um 22.15 Uhr in kurzen Filmen Anregungen zum Umgang mit der Corona-Krise. Wie der Bayerische Rundfunk mitteilte, sind die Sendungen ab sofort auch in der BR-Mediathek unter dem Namen „Krisen und Chancen in Corona-Zeiten“ zu sehen. In kurzen Filmen spricht er über die Ratschläge, die er auch in seinem Buch gibt.

Anselm Grün: „Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung: So gelingt friedliches Zusammenleben zu Hause“, Herder, 96 Seiten, 14 Euro (gebundene Ausgabe), 9,99 Euro (eBook), ISBN 9783451388699

Von: Jörn Schumacher

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