Herzensangelegenheit Syrien

Eigentlich wollte der Geistliche Ibrahim Alsabagh eine Doktorarbeit schreiben. Doch dann ist er sich sicher, dass Gott ihn in Syrien haben möchte. Seine Erlebnisse als Priester in der syrischen Stadt Aleppo beschreibt er in seinem Buch „Hoffnung in der Hölle - Als Franziskaner in Aleppo“. Eine Buchrezension von Johannes Weil
Von Johannes Blöcher-Weil
Ein Bild aus besseren Tagen: die Stadt Aleppo vor ihrer Zerstörung

Aleppo gilt als das Sinnbild des Syrienkriegs. Die Stadt liegt in Trümmern. „Überall ist Hass und Blut.“ Mit diesen Worten beschreibt der Franziskaner-Priester Ibrahim Alsabagh die Situation. Er macht die dortige Situation zu seiner Herzensangelegenheit. Wie Alsabagh seine Arbeit erlebt, was schwierig ist und wo er Hoffnungsschimmer sieht, beschreibt er in dem Buch „Hoffnung in der Hölle“, das bei Herder erschienen ist.

Das Buch ist zweigeteilt. Der erste Teil enthält Alsabaghs Briefe, die er zwischen 2015 und 2017 aus Aleppo geschrieben hat. Im zweiten Teil stehen Interviews, Begegnungen und Zeugnisse des Priesters mit den Menschen vor Ort. Daraus wird klar, mit welchen Herausforderungen Alsabagh und seine Franziskaner-Brüder kämpfen.

Was der Autor schreibt, gibt nur einen ungefähren Eindruck davon wieder, wie es den Menschen vor Ort tatsächlich geht. Aber es reicht, um den Leser zu ernüchtern. Armut, Wasserknappheit und kein Strom sind die grundlegenden Probleme. Keiner weiß, wann der nächste Raketenangriff droht. In dieser Hoffnungslosigkeit versucht der Orden ein Anker der Hoffnung zu sein.

„Als Christ in Aleppo zu sein, hat einen tiefen Sinn“

Doch die Probleme in der Kriegsregion sind noch vielschichtiger. Das Land verwaist immer mehr. Mitglieder der Gemeinden sterben durch Bombenangriffe. Der Anblick von toten, verletzten und verstümmelten Menschen ist Alltag. Durch die Arbeitslosigkeit können viele ihre Schulden nicht bezahlen. Krankheiten breiten sich aus.

Trotzdem sind Hoffnungszeichen für den Autor wichtig. Als Christ in Aleppo zu sein, hat für ihn einen tieferen Sinn. „Je mehr wir uns dem Leben Jesu gleich gestalten, umso mehr legt sein Geist Zeugnis ab“, schreibt er. Auch er zweifelt natürlich. Trotzdem will er neben dem geistlichen auch das materielle Leid lindern. Für viele ist es wie ein nicht endend wollender Albtraum.

Alsabagh ist aber auch Ansprechpartner für alltägliche Fragen. Oft wünschen und erwarten die Menschen eine Antwort von ihm: Wie lange noch? Was passiert, wenn der Krieg tatsächlich vorbei ist? Ihr tut so viel für uns, aber könnt ihr noch mehr tun? Alsabagh möchte die keimende Bitterkeit eindämmen und seine Mission nicht aufgeben. Er sieht in der gigantischen Krise auch eine Chance für Christen.

Liebe Jesu wirkt Wunder

Wenn Christen handelten und Nächstenliebe lebten, könne dies die Gesellschaft verändern. „Die Liebe Jesu, die wir bekommen, wirkt Wunder. Wenn man Jesus in den Menschen hier erkennt, wird es viel einfacher, auf sie zuzugehen und sie zu trösten“, schreibt er. Ganz praktisch setzen Alsabagh und seine Helfer dies vor Ort durch die pastorale Arbeit um, aber auch eine Schule für Taubstumme haben sie gegründet.

Der Priester sei froh, wenn ein unverkrampfter Umgang mit Muslimen möglich ist, selbst wenn Rachegefühle vorhanden sind. Sein Buch beschreibt im gewissen Sinn den Traum von einer besseren Welt. Er möchte helfen, diese mit umzusetzen. Selbst in der tiefsten Krise möchte er alles tun, damit sich der Wille Gottes erfüllen könne. Der Autor ist davon überzeugt, dass Gott auch aus dem Bösen Gutes erwachsen lassen kann. Dies erlebe er mit den Christen vor Ort, „Kleinprojekte im Bereich des Möglichen“ und durch eine Hingabe ohne Hintergedanken.

Beim Lesen entsteht der Eindruck, dass der Autor so voller Hoffnung aufgesogen ist, dass er gar nicht anders kann, als diese weiterzugeben. Trotz der vielen Erschütterungen und Tiefschläge ist das Buch ein starkes Plädoyer gegen den Hass, dem der Autor mit seinem festen Glauben entgegentritt. In allen Ungewissheiten versucht er mit seinen Brüdern „Propheten der Hoffnung“ zu sein. (pro)

Ibrahim Alsabagh: „Hoffnung in der Hölle – Als Franziskaner in Aleppo“, Herder-Verlag, 18 Euro, ISBN 9783451378638.

Von: jw

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