Luther – ein Mann, viele Bilder

Martin Luther zählt zu den Großen der Geschichte, die Reformation jährt sich bald zum 500. Mal. Der Kirchenhistoriker Armin Kohnle nahm das zum Anlass, Luthers Leben in einer Bildbiographie darzustellen – und umgeht dabei nicht die Kritik an dem Kirchenmann.
Von PRO
Kirchenhistoriker Kohnle zeigt in der Bildbiographie zu Luther zahlreiche Seiten des Reformators auf
„Reformator, Ketzer, Ehemann“ heißt der Untertitel des großformatigen Buches. Allein der zeigt, dass zahlreiche Facetten von Luthers Leben Teil des umfangreichen und lesenswerten Buches von Kohnle sind. Der Kirchenhistoriker stellt Luther nicht nur als Reformator dar, sondern ordnet dessen Leben und Wirken in den zeitlichen Kontext ein. Chronologisch geordnet und belegt durch zahlreiche historische Quellen zeichnet der Kirchenhistoriker auf einfache und informative Weise den Lebenslauf des Reformators nach. Die ausführliche Bebilderung gibt dem Leser einen Einblick, wie der Alltag Luthers aussah. Briefe, Tischreden und Schriften beleuchten seine innere Haltung und seine Persönlichkeit. Kohnle zeigt die vielen gegensätzlichen Seiten des Mannes, der 1517 die 95 Thesen veröffentlichte und dessen Jubiläum 2017 weltweit gefeiert wird. Den Leser mahnt er gleich zu Beginn, dass Luthers Person unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten zuließe, die es auszuhalten gelte. Bestimmte Eigenschaften prägen bis heute das Luther-Bild: Er war ein hochgebildeter Gelehrter und zugleich ein Mann des Volkes, ein einfühlsamer Seelsorger und derber Polemiker, ein Medienstar seiner Zeit, aber auch ein zurückgezogener Beter. Auch dem Privatleben, seiner Rolle als Ehemann und Vater widmet Kohnle ein umfangreiches, aber interessantes Kapitel. Öffentliches und Privates ließen sich bei Luther nicht trennen, findet Kohnle. „Seine privaten Entscheidungen waren immer auch öffentliche Demonstrationen, besonders augenfällig bei seiner Eheschließung mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora.“ Ein Umstand, der damals viel Kritik hervorrief, zumal sich viele seiner Schriften mit Ehe- und Sittenfragen befassen, wie „Vom ehelichen Leben“ (1522) und das „Traubüchlein“ (1529).

Ein Mann, der polarisiert

Bereits im Vorwort schreibt der Kirchenhistoriker, dass Luther alles andere als „weichgespült“ und „konturlos“ gewesen sei. Als eine „sperrige Figur“, „an der sich die Geister scheiden“, so sieht er den Reformator. Das sei nicht nur zu Lebzeiten des Reformators so gewesen, wie die Heidelberger (1518) und Leipziger (1519) Disputationen sowie das Augsburger Verhör (1518) zeigten. Auch im 18. Jahrhundert polarisierte er – Goethe sah ihn als Sprachgenie, für Heine war er der Vorbote der Geistesfreiheit, und der Romantiker Novalis empfand ihn als Zerstörer der mittelalterlichen Einheit. Auch heute noch stehe Luther mit manchen seiner Aussagen im Kreuzfeuer, schreibt Kohnle. Kritisch werde unter anderen Luthers Intoleranz gegen Andersdenkende und Minderheiten gesehen, ebenso seine Islamfeindschaft und eine gewisse Verrechtlichung und Bürokratisierung der Kirche. Zu bedenken sei bei alledem jedoch der Zeitgeist. „In der Tat: Luther war in vielen Fragen ein Kind seiner Zeit“. Doch sein reformatorisches Anliegen sei „hochaktuell“, seine theologischen Antworten seien auch nach 500 Jahren noch überzeugend. „Dass ein Mensch, der so viel geschrieben hat wie Luther, von dem wir so viel wissen wie von Luther, auch Ansichten vertrat, die wir heute nicht mehr gut finden, ist gar nicht zu vermeiden.“ Darf man sich heute noch auf diesen Luther berufen? In seinem Buch findet Kohnle ein eindeutiges Ja: „Man darf es nicht nur, man muss es!“ Armin Kohnle ist Professor für Kirchengeschichte des Spätmittelalters und der Reformationszeit an der Universität Leipzig und Beirat der Luther-Gesellschaft in Wittenberg. Darüber hinaus unterstützt er die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) als wissenschaftlicher Beirat bei den Vorbereitungen des Reformationsjubiläums im Jahr 2017. Armin Kohnle: „Martin Luther – Reformator, Ketzer, Ehemann“, 224 Seiten, SCM Verlag, 9783775154659, 29,95 Euro.
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