„iBrain“ und „Tricky Kids“ verraten, wie Kinder ticken

Wie gehe ich mit einem besonders schwierigen Kind um, und warum ist es besonders begabt? Wie verändert die neue Medienwelt das Gehirn meines Kindes? Diesen Fragen widmen sich zwei neue Publikationen des "Kreuz"-Verlages. pro-Autorin Anna Wirth hat reingelesen.
Von PRO

Die Welt unserer Kinder hat sich verändert. Heutzutage spielen die Kleinen nicht mehr im Wald, sitzen singend ums Lagerfeuer oder bauen Baumhäuser. Heute zocken sie Playstation, lesen im Internetportal „SchülerVZ“, was ihre Freunde gerade treiben und schreiben sich SMS. Dass sich Kinder und Jugendliche heute mit anderen Dingen beschäftigen, als ihre Altersgenossen es vor zwanzig Jahren taten, verändert junge Menschen nicht nur äußerlich. Gary Small und Gigi Vorgan beschreiben in ihrem Buch „iBrain“, wie die Neuen Medien das Gehirn junger Menschen auf Dauer verändern und wie dabei eine nie da gewesene Kluft zwischen Jung und Alt entsteht.

Unterschied zwischen Jung und Alt war noch nie so groß wie heute

Während das Gehirn vor allem junger Menschen heute ein erhebliches Wissen über technische Zusammenhänge und Funktionen von Internet bis iPhone speichern muss, lag der Fokus menschlicher Fähigkeiten früher eher auf der Kommunikation untereinander, beschreiben die Autoren. Der tägliche Umgang mit Neuen Medien führe dazu, dass sich das Gehirn verändert. Die neuen Funktionen im Gehirn, also der Umgang mit Technik und Medien, werden gestärkt, alte Funktionen, etwa das Pflegen zwischenmenschlicher Beziehungen, werden geschwächt. Noch nie war der Unterschied zwischen Jung und Alt so groß, wie derzeit, so eine These des Buchs.

Den Älteren, also den „Digital Immigrants“ (Digitale Einwanderer), wie es im Buch heißt, fällt es zunehmend schwer, die Jüngeren, die „Digital Natives“ (Digitale Eingeborene), zu verstehen – und umgekehrt greift das ebenfalls. „Wenn Ihre halbwüchsige Tochter lernt, ihren iPod zu bestücken, während sie gleichzeitig auf ihrem Laptop per Instant Messaging-Programm chattet, mit dem Handy telefoniert und ihre Notizen aus dem Physikunterricht durchschaut, passt sich ihr Gehirn einem höheren Niveau an, indem es Neurotransmitter ausschüttet, Dendriten sprießen lässt und neue Synapsen bildet“, schreiben Small und Vorgan. Diese permanente Aufmerksamkeit verändert das Gehirn nicht nur, es versetzt die User auch in einen permanenten Stresszustand, der im Buch als „Techno-Brain-Burnout“ bezeichnet wird. Das Ergebnis laut Autoren: Ein wahrscheinlich höherer IQ, aber weniger soziale Kompetenz.

Die Lösung dieses Problems ist für Small und Vorgan einfacher als gedacht und könnte verkürzt heißen: Zusammen lebt sich’s leichter. Wenn Jung und Alt geflissentlich voneinander lernen, ergänzen sich die medialen Stärken der „Natives“ mit den sozialen Stärken der „Immigrants“ und es entsteht ein Gleichgewicht zwischen Anpassung an die Medien und der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen. „iBrain“ versucht das Thema „Neue Medien“ unter Rückbezug auf evolutionsbiologische Ansätze und mit Hilfe zahlreicher Studien auf 220 Seiten zu erfassen. Das Buch kostet 19,90 Euro und ist seit Februar erhältlich.

Das Potenzial schwieriger Kinder

Andrew Fuller ist Psychologe und arbeitet seit 25 Jahren als Familientherapeut. „Eine der großen Paradoxien des Lebens ist, dass viele Kinder und Jugendliche, die schwer zu erziehen und zu unterrichten sind, später oft zu den Menschen heranwachsen, die in der Welt wirklich etwas bewegen“, beginnt er sein Buch „Tricky Kids“. Wie dieses Potenzial aus schwer erziehbaren Kindern herauszukitzeln ist, ohne dass die Eltern sich in den Wahnsinn treiben lassen, beschreibt er auf den folgenden 204 Seiten.

Zunächst entwirft Fuller zehn Regeln für den Umgang mit schwierigen Kindern, die sich so zusammenfassen lassen: Versuchen Sie nicht zu viel auf einmal, denn Kinder sind Ihnen in punkto Energie überlegen. Im Streit sind Kinder nicht für vernünftige Argumente zugänglich. Schlammschlachten unterhalten Kinder, also sind sie zu vermeiden. Was Sie tun, ist wichtiger als das, was Sie sagen. Stehen Sie auch nach einer Niederlage wieder auf und machen Sie weiter, denn Erziehung ist ein Marathonlauf und kein Sprint. Die Zeit vor dem Schlafengehen ist die wichtigste. Kennen Sie die Freunde Ihres Kindes. Unterhalten Sie sich mit Ihrem Kind. Gutes Timing ist alles. Kinder brauchen Liebe.

Eine weitere Grundlage von Fullers Buch ist die Typisierung schwieriger Kinder. So unterteilt er die „Tricky Kids“ in Ränkeschmiede, Wortverdreher, Diskutierer, Besser-sein-Woller, Draufgänger und passive Widerständler. Wenn sich der Leser nach diesen Einführungen orientiert hat, erhält er vom Autor Einblicke in die Entwicklung des Kindes und Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Jedes Kapitel ist mit grauen Merk-Kästchen gestaltet, so dass auch der pädagogisch unbedarfte Leser leicht ins Thema findet. Trotz der stereotypisch wirkenden ersten Kapitel könnte „Tricks Kids“ eine Hilfe für Eltern sein, die sich bei der RTL-Sendung „Die Super Nanny“ schon einmal an die eigene Situation erinnert gefühlt haben. Das Buch ist im Februar erschienen und kostet 16,95 Euro. (PRO)

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