Künftig weniger Schutz der Religionsfreiheit?

Die Fortsetzung der Arbeit einer Kommission des US-Außenministeriums, die weltweit die Religionsfreiheit beobachtet, steht einmal mehr auf der Kippe. Der US-Senat verzögert die Verlängerung des Mandats. Ein Ende der Kommission wäre ein herber Rückschlag, sagen Menschenrechtler.
Von PRO

Die "United States Commission on International Religious Freedom" (USCIRF) weist seit 13 Jahren auf Verstöße gegen Religionsfreiheit in aller Welt hin. Sie wurde 1998 ins Leben gerufen, als der US-Kongress unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton das Gesetz für internationale Religionsfreiheit verabschiedet hat. Mit diesem Gesetz wurde die Religionsfreiheit erstmals ein offizielles Anliegen der amerikanischen Außenpolitik.

Die überparteiliche und unabhängige Kommission darf im Namen der US-Regierung weltweit agieren, ranghohe Vertreter von Regierungen und Organisationen treffen und öffentliche Anhörungen abhalten. Sie ist verpflichtet, jedes Jahr zum 1. Mai einen Bericht über die Situation der Religionsfreiheit zu veröffentlichen und Empfehlungen für die US-Politik auszusprechen. Besonders die Einschätzung eines Landes als "CPC" (Land mit besorgniserregenden Entwicklungen – Country of Particular Concern) ist für die US-Außenpolitik von Interesse.

Das Mandat der Kommission lief am 30. September 2011 aus. Das Repräsentantenhaus bewilligte bereits eine zweijährige Verlängerung, doch im Senat stellt sich der demokratische Senator Richard Durbin aus dem US-Bundesstaat Illinois gegen eine Verlängerung. Aus diesem Grund verabschiedete der Kongress zunächst Finanzierungsgesetze, die der Arbeit der Kommission eine "Gnadenfrist" gewähren. Zuletzt stimmte der Kongress am 17. November für eine vorläufige Verlängerung, die jedoch am 16. Dezember ausläuft.

Die Kommission als Spielball der politischen Kräfte?

Wie das amerikanische Politikmagazin "Congress Quarterly" berichtet, vermuten Unterstützer der USCIRF hinter dem Widerstand des Senators ein innenpolitisches Anliegen: Durbin wolle mit seinem Veto erreichen, dass der Bund ein kaum genutztes Hochsicherheitsgefängnis in Illinois aufkauft. Der Senator verspreche sich davon wirtschaftliche Vorteile für die Region. Der Kongressabgeordnet Frank Wolf sitzt dem Ausschuss für die Finanzierung der Bundesgefängnisse vor. Der Republikaner war 1998 einer der Initiatoren des Gesetzes für internationale Religionsfreiheit.

Auch andere politische Kräfte könnten hinter der Blockade stecken, vermutet ein Experte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der mit der US-Kommission zusammenarbeitet. Die konservative "Tea Party"-Bewegung, die von einem grundsätzlichen Misstrauen gegenüber zentralen Regierungseinrichtungen geprägt sei und pauschal Ausgaben kürzen wolle, würde ein Ende der Kommission begrüßen, sagte der Experte gegenüber pro. Auch liberale Kräfte, die für eine striktere Trennung von Staat und Religion eintreten, hätten ein Interesse am Ende der Kommission. Doch sei trotz der ungewissen Zukunft nicht mit einem Ende der Kommission zu rechnen.

Max Klingberg von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mutmaßt hinter der derzeitigen Blockade eher diplomatische Gründe. Einige Verbündete der USA würden massiv und systematisch die Menschenrechte und die Religionsfreiheit verletzen. Die Kommission würde dies regelmäßig kritisieren. Es sei denkbar, dass es der Regierung darum ginge, die Kommission mundtot zu machen, so Klingberg gegenüber pro.

Das Ende der Kommission wäre ein herber Verlust

Gerade diese Unabhängigkeit sei ein großer Vorzug der USCIRF, betont Daniel Ottenberg, Referent für Menschenrechte bei "Open Doors Deutschland". Zwar gäbe es im US-Außenministerium ein Büro zur Beobachtung der Religionsfreiheit. Dies sei aber an die Vorgaben der US-Außenpolitik gebunden und könne sich nicht so frei äußern wie die Kommission. Thomas Schirrmacher, der Direktor des "Internationalen Instituts für Religionsfreiheit" (IIRF) der Weltweiten Evangelischen Allianz,  bemängelte zudem die Politik der USA: "Präsident Obama und Hillary Clinton haben dem Thema Religionsfreiheit nicht nur gegenüber der Amtszeit von George W. Bush, sondern auch von Bill Clinton, immer weniger Bedeutung zugemessen", so Schirrmacher gegenüber pro.

Zwar gebe es auch einige Kritikpunkte an der Arbeit der Kommission, sagt Ottenberg. Dennoch wäre ihre Auflösung ein "verheerendes Signal", dass Religionsfreiheit nicht mehr den Stellenwert in den USA einnimmt.  "Sollte die USCIRF am Freitag tatsächlich aufgelöst werden, würde eine prominente und wichtige Stimme für die Religionsfreiheit verstummen", so Ottenberg gegenüber pro. Der größte Vorteil der Kommission sei die Zusammensetzung aus unabhängigen Experten, die aus allen größeren Religionen stammen. Auch Klingberg betont die Bedeutung der Kommission: "Ihre Einschätzungen haben sehr große Reichweite gehabt. Sie sind international viel beachtet und eine wichtige und verlässliche Quelle." Die Auflösung wäre ein "herber Rückschlag" im Einsatz für die Religionsfreiheit. (pro)

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