Künast fordert Regeln für faire Kleidung

Die Grünen-Bundstagsabgeordnete Renate Künast hat sich bei der christlichen Micha-Initiative für strengere Regeln auf dem Textilmarkt stark gemacht. Ein Vertreter des Handels erklärte, schon heute werde Kleidung fairer produziert als noch vor einigen Jahren.
Von PRO
Renate Künast wünscht sich einen fairen Mindestlohn für Näherinnen in Bangladesch
Einmal im Jahr lädt die zur Deutschen Evangelischen Allianz gehörende Micha-Initiative in Berlin zu einem politischen Abend mit Parlamentariern und Presse ein. Thema dieses Mal: Die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie. Durchschnittlich bleibe nur ein Prozent des Kaufpreises eines T-Shirts bei den Näherinnen in Bangladesch, erklärten die Veranstalter zu Beginn. Künast plädierte deshalb für ein Premiumsiegel für organische Kleidung in Deutschland, wünscht sich aber zudem eine umfassende Umstrukturierung des europäischen Marktes. Bisher seien bei der Kontrolle der Produzenten nur die „untersten Standards“ gewährleistet. So sei etwa ein fairer gesetzlicher Mindestlohn in Bangladesch zu sichern. „Die Dinge, die bei uns richtig sind, sind anderswo nicht falsch“, sagte sie mit Bezug auf die deutsche Mindestlohnregelung. Von Handel und Politik forderte sie, das Parlament in der Hauptstadt Dhaka unter Druck zu setzen. Von den Abgeordneten dort seien rund 70 Prozent selbst in den Textilhandel involviert. Künast übte auch Kritik an der Industrie in Deutschland: Dass sie mit den Labels „preiswert“ und „cool“ werbe, trage nicht zu einer Verbesserung der Lage bei. Stattdessen sollten die Produzenten und Händler stärker auf gute Arbeitsbedingungen setzen.

„Wir wissen alle viel zu wenig über unsere Kleidung“

Der Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium, Friedrich Kitschelt, stimmte Künast in einigen Punkten zu: „Wir wissen alle viel zu wenig über unsere Kleidung“, sagte er. In Sachen Verbraucherethik sei die Bibel ein guter Maßstab. Im Gegensatz zur Grünenpolitikerin wolle er aber nicht auf legislative Maßnahmen setzen. Verbraucher- und Unternehmerverantwortung seien für sein Ministerium der Weg zu fairer Kleidung. Kitschelt warb außerdem für das vor vier Monaten von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) angestoßene Textilbündnis. Zu den Erstunterzeichnern zählen 30 Unternehmen und Organisationen. Das Bündnis will Verbesserungen der sozialen und ökologischen Standards in der Textil- und Bekleidungsindustrie erreichen. Beigetreten sind unter anderem Hess Natur-Textilien, der Outdoorspezialist Vaude und die Non-Profit-Organisation Oxfam. Der Hauptgeschäftsführer im Handelsverband Deutschland, Stefan Genth, kritisierte das Bündnis. Sein Verband sei bisher nicht beigetreten, weil er einen konkreten Aktionsplan vermisse, die im Bündnis geforderten Standards für viele Betriebe zu hoch seien, es an einem gemeinsamen Bündnisgeist fehle und er sich eine internationale Ausrichtung wünsche. Der Handel in Deutschland müsse einen Impuls in die Welt senden, anstatt sich nur um sich selbst zu drehen, erklärte er. Genth forderte aber auch, dass die Gesellschaft anerkenne, was sich in der Industrie heute schon zum Besseren verändert habe. Seit dem Einsturz einer Nähfabrik in Bangladesch im Jahr 2013 mit über 1.000 Toten schaue der internationale Handel genauer hin.

Im Mainstream angekommen

Die Buchautorin Gisela Burckhardt konterte: „Die Standards der Unternehmen sind oft das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.“ Ökofaire Kleidung sei bis heute in Deutschland schwer zu finden. Dennoch: Das Thema sei im Mainstream angekommen, das habe nicht zuletzt die Fashion Week in Berlin bewiesen, wo das Thema faire Kleidung ein eigenes Forum gehabt habe. Deshalb gelte: „Wer will, kann sich fair einkleiden.“ Auch wenn es etwas Mühe koste. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/wirtschaft/detailansicht/aktuell/textilbuendnis-fuer-faire-bedingungen-stoesst-auf-ablehnung-89780/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/detailansicht/aktuell/ein-cent-mehr-pro-t-shirt-wuerde-helfen-88718/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/micha-initiative-bessere-bedingungen-fuer-textilarbeiter-87966/
Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen