Krisenbewältigung: Huber fordert tragfähiges Fundament

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat zu einer Wende in der internationalen Wirtschafts- und Finanzpolitik aufgerufen. In seiner Rede zum Johannisempfang in der Berliner Friedrichstadtkirche skizzierte Huber die Eckpunkte des 22-seitigen EKD-Papiers "Wort zur globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise" - und das vor der politischen Spitze Deutschlands.
Von PRO

In Zeiten, in denen viele Menschen die Arbeitslosigkeit plage, sei es unmenschlich, wenn das Geld zum Mittelpunkt der Wirtschaft werde. Auch wenn man die Talsohle der Krise durchschritten habe, müsse es über das Krisenmanagement hinaus ein tragfähiges ethisches Fundament geben. Es könne jetzt nicht darum gehen, einfach zum Zustand vor der Krise zurückzukehren, sagte Huber vor hochkarätigen Politikern wie Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), mehreren anderen Ministern und SPD-Parteichef Franz Müntefering.

Huber machte in Anlehnung an das biblische Jesaja-Wort „Wie ein Riss in einer hohen Mauer…“ deutlich, dass die Erfolgsstory der Globalisierung „moralische Risse“ aufweise.“Der Wohlstand kommt nur einem Teil der Menschen in dieser Welt zugute“.

Wir brauchen einen Werteaufschwung

Menschen hätten sich immer wieder zum Missbrauch ihrer Freiheit bei der Gier nach Geld verführen lassen und schmerzhaft erlebt, wie gefährlich „blindes Vertrauen“ sein kann. Vertrauen müsse deswegen auf nachprüfbare Verlässlichkeit gestützt sein. Es gehe nicht um Vertröstungen sondern um praktisches Handeln.

Kirche biete in der Krise zwar nicht die besseren Konzepte an: „Aber die Motive, die den Glauben bestimmen, können uns Wege zu einer verantwortbaren Gestaltung der Zukunft weisen“, so Huber. In einer Zeit wie dieser sei mehr denn je „ein Werteaufschwung“ gefragt. Mit seinem Wort wolle er mit Klarheit und Nachdruck dafür sorgen, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit wieder ernst genommen werde.

Der Zuspruch der Vergebung sei deshalb von ebenso großer Bedeutung, wie der Aufruf, von der eigenen Freiheit einen verantwortlichen Gebrauch zu machen. Nur diese Freiheit sei wirkliche Freiheit, mahnte Huber. In Anlehnung an den Reformator Johannes Calvin solle man von der Freiheit dort Gebrauch machen, „wo sie zur Auferbauung des Nächsten dient“. Es gelte jetzt, über die richtigen Wege aus der Krise nachzudenken. Der christliche Glaube und die Überlegungen praktischer Vernunft ergäben dabei klare Wegmarken.

„Mahnung zur Umkehr – spät, aber nicht zu spät“

Als Ursachen der Krise werden in dem Kirchenpapier „Wort zur globalen Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise“ ein Mangel an Verantwortung, bis hin zur Verantwortungslosigkeit“ auf allen Ebenen ausgemacht. Viele spürten, dass es nicht mehr weitergehen könne wie bisher, heißt es im Vorwort Hubers.

Zwar treffe die Krise auch die Reichen, viel härter seien aber die betroffen, die von vorneherein keine Chance haben, „weich zu fallen“. Gerade in der Krise müsse man sich um diese Menschen kümmern und Existenzängste reduzieren. Wenn dies geschehe, werde im biblischen Sinne „Licht hervorbrechen wie die Morgenröte“. Wo die Konsequenzen des eigenen Handelns nicht beachtet werden, zerfalle dagegen das Gemeinwohl, fügt Huber bei seiner Rede warnend hinzu: „Wir mahnen zur Umkehr – spät, aber hoffentlich nicht zu spät.“

Das Papier empfiehlt, die Krise auch als Chance für eine zukunftsfähige Wirtschaftsweise zu betrachten. Zur langfristigen Krisenbewältigung gehe es darum, künftige Finanzblasen zu verhindern, die Finanzmärkte strenger zu regulieren und die Aufsicht effizienter zu gestalten. Die Vereinten Nationen, der Währungsfonds und die Weltbank müssten gestärkt und demokratisch besser legitimiert werden – auch zur Unterstützung der armen Länder.

Dazu erklärt die Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Ingrid Fischbach laut dem Presseportal „News aktuell“: „Mit klugen Worten bringt sich die evangelische Kirche mit ihrem Text „Wie ein Riss in einer hohen Mauer“ in den notwendigen Diskurs ein, welche Lehren wir aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ziehen müssen. Die Politik tut gut daran, dem Appell der evangelischen Kirche Gehör zu schenken. (PRO)

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