Krankenkasse zahlt Therapie per Chat, Email oder SMS

H e i d e l b e r g (PRO) - Patienten, die nach einer stationären psychosomatischen Behandlung mit Therapeut und Mitpatienten per Internet-Chat in Kontakt bleiben, werden selten rückfällig. Die virtuelle Therapie per SMS, E-Mail oder Chat bewerten Experten als hilfreiche Ergänzung bei seelischen Erkrankungen. Zu diesem Ergebnis kam die Techniker-Krankenkasse nach einer dreijährigen Testphase, die in Zusammenarbeit mit der Panorama-Fachklinik in Scheidegg im Allgäu und der Forschungsstelle für Psychotherapie durchgeführt wurde.
Von PRO

Die virtuelle Psychotherapie im Internet-Chatroom, per E-Mail oder SMS ist für Patienten nach einem Klinikaufenthalt eine tragfähige Brücke, um ihren Alltag wieder zu bewältigen und den Therapie-Erfolg zu festigen. Das haben Studien ergeben.

Internet als Brücke zum Alltag

Patienten, die wegen eines Burn-out-Syndroms, Depressionen, Angst- oder Essstörungen in den Panorama-Fachkliniken behandelt wurden, können am Projekt „Internet-Brücke“ teilnehmen. Nach ihrer Entlassung können sie im Chatroom den Kontakt zu ihren Therapeuten und Mitpatienten aufrechterhalten. Die virtuelle 90-minütige Gruppentherapie findet einmal wöchentlich unter der Leitung eines Therapeuten statt. Den Zugang zum Chat haben nur berechtigte Teilnehmer, außerdem verwenden sie ein Pseudonym. Bei den Heidelberger Internet-Therapien werde größter Wert auf Datensicherheit gelegt, erklärt Markus Wolf von der Forschungsstelle für Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Er betreut das Projekt.

Der Gesundheitsexperte sieht den Vorteil der Internet-Therapie darin, dass es einigen Patienten leichter falle, ihre Gefühle offen zu äußern und auch intime Dinge zu berichten. Das gelte auch für den Mail-Austausch mit dem Therapeuten. Eine Vergleichsstudie habe gezeigt, dass die Chatteilnehmer der virtuellen ambulanten Psychotherapie gegenüber einer Vergleichsgruppe mehr profitiert hätten. Ihnen ging es psychisch und körperlich deutlich besser, und das langfristig. Die Techniker-Krankenkasse hat diese kostengünstige Variante der Nachsorge inzwischen in die Regelversorgung übernommen.

Die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet über den Pionier der Internet-Traumatherapie, Professor Alfred Lange aus Amsterdam, der bei einer Tagung über technologiegestützte Therapieverfahren in Heidelberg das Konzept erklärt hatte. Seiner Erfahrung nach kann das Befinden von Trauma-Patienten, die einem virtuellen Therapeuten ihre Probleme per Mail schildern und dessen psychotherapeutische Handlungsanweisungen befolgen, nachhaltig gebessert werden.

Internetbehandlung nur als Ergänzung

Wie die „Welt“ berichtete, werden Traumapatienten in den Niederlanden mit dem Programm „Interapy“ ausschließlich online behandelt, ohne ihre Therapeuten jemals zu sehen. Eine ausschließliche Internet-Behandlung ohne vorherigen persönlichen Kontakt zum Therapeuten sei allerdings in Deutschland nicht möglich, stellte Markus Wolf bei der Experten-Konferenz klar. Therapie per Internet wird bisher in Deutschland als Ergänzung zur stationären Therapie gesehen. Dadurch sollen Versorgungslücken zwischen stationärer und ambulanter Therapie überbrückt werden.

Patientenbetreuung per SMS

Auch Kontakte zwischen Therapeut und Patientin per SMS zeigen scheinbar gute Erfolge: Die Psychologin Stephanie Bauer aus Heidelberg berichtete von dem Projekt „SMS-Brücke“ nach stationärer Behandlung bei Patientinnen mit einer Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Per wöchentliche SMS teilen diese ihr körperliches und seelisches Befinden mit und geben Auskunft darüber, wie oft sie Essanfälle und Erbrechen hatten. Durch Rückmeldungen per SMS sollen die Patientinnen positiv unterstützt werden. Bei negativem Verlauf bekommen sie mögliche Verhaltensänderungen aufgezeigt.

Ein ähnliches Programm wird in Zusammenarbeit mit der University of North Carolina jetzt für übergewichtige Grundschulkinder in einer Pilotstudie getestet. Kinder und ihre Mütter nehmen zunächst an drei wöchentlich stattfindenden Gruppensitzungen teil, in denen die Ursachen, Folgen und die Behandlung von kindlicher Adipositas besprochen werden. Kinder und Mütter schicken danach zwei Monate täglich Informationen über ihre körperliche Aktivität, die Anzahl konsumierter zuckerhaltiger Getränke sowie die Zeit, die vor dem Fernseher oder Computer verbracht wurde, per SMS an die Therapeuten und erhalten Feedback. Die Auswertung der Studie steht noch aus.

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