Konfessionslos glücklich?!

Die Zukunft des Christentums sieht düster aus, zumindest zahlenmäßig. Es wird in 20 Jahren zur Angelegenheit einer Minderheit, meint Welt-Redakteur Matthias Kamann. Er sieht darin aber auch eine Chance.
Von PRO
Leere Kirche

Statistisch gesehen gehört in 20 Jahren nur noch die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen einer der beiden großen Kirchen an. Derzeit sind es rund 60 Prozent. Neben der demographischen Entwicklung sind dafür die vielen Konfessionslosen der jüngeren Generation verantwortlich: „Kirchlichkeit wird zur Angelegenheit einer Minderheit werden“, schreibt Kamann.

Prognose: keine fromme Kleinkirche

Laut Sinus-Studie verstünden sich deutsche Katholiken „nicht als gläubig im traditionellen Sinn und suchen auch nicht aktiv nach einer Beziehung zu Gott“. Den Inhalt ihres Glaubens und ihre Vorstellungen von Gott definierten sie als eher diffus. Auch die Auferstehung der Toten oder die Jungfrauengeburt würden nur noch von wenigen wörtlich genommen. Bei den Protestanten gelte heute jedes fünfte Kirchenmitglied als unreligiös und kirchenfern. Lediglich vier Prozent aller Protestanten besuchten an Karfreitag einen Gottesdienst. Auch hier falle der Blick in die Zukunft düster aus, weil Religion meistens im familiären Kontext weitergegeben werde.

Mit einer „neuen, glühenden Glaubensfestigkeit in einer frommen Kleinkirche“ rechnet Kamann dagegen nicht. Auch in 20 Jahren werde Christlichkeit weiter in Großorganisationen und nicht in Kleingruppen gelebt. Die Kirchenmitglieder seien dann viel stärker den Gedanken von Nichtgläubigen ausgesetzt – und würden durch diese beeinflusst. Kamann verweist auf das neue Buch des Marburger Theologen Hans-Martin Barth. Dieser beschreibt in „Konfessionslos glücklich“ eine neue „Stufe der Religionsgeschichte“. Neben traditionellen religiösen Angeboten formulierten sich auch viele areligiöse und indifferente.

Er vermutet, dass Kirchenmitglieder ihre „bei Glaubensfernen gemachten Erfahrungen ins Christentum hineintragen“ und ihre Zweifel an den Dogmen offensiver und offener formulieren würden. Wissenschaftstheoretiker wie der Franzose Bruno Latour hätten deswegen so viel Zulauf, weil sie sich nicht mehr von der Kirche „das Glaubenmüssen an unplausible Dogmen vorschreiben lassen“ möchten, sondern für ein poetisches Lesen biblischer Geschichten auf der Suche nach Inspiration plädierten.

Gute Zeiten, schwere Zeiten

Kamann prophezeit, dass sich auch in 20 Jahren das „nach wie vor vorhandene Bedürfnis nach Religiosität vor allem auf die christliche Tradition richtet, diese aber zunehmend aus der Perspektive interessierter Ungläubigkeit betrachtet wird“. Für die Verfechter konfessioneller Festlegungen dürften schwere Zeiten anbrechen, „für die inspirierte Auseinandersetzung mit christlichen Botschaften und Geschichten eher gute“. (pro)

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