Von der Ohnmacht der Eltern, den Kindern die kirchlichen Feste zu erklären

Es ist ja wirklich nicht so einfach mit den Feiertagen: Bei dem einen Fest haben Menschen Feuer auf dem Kopf, bei dem anderen geht es gar kannibalistisch zu – oder nicht? Das soll mal einer erklären, was wir Christen glauben und feiern. Eine Kolumne von Jürgen Mette
Von PRO
Viele Jahre leitete der Theologe Jürgen Mette die Stiftung Marburger Medien. Sein Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“ schaffte es 2013 auf die Spiegel-Bestsellerliste. Für pro schreibt er eine regelmäßige Kolumne.

„Was bedeutet eigentlich Fronleichnam, Papa?“, fragte unser Jüngster, als er noch ganz handlich war. „Das ist ein katholischer Feiertag, der überall auf der Welt gefeiert wird.“ Die nächste Frage kam, wie befürchtet: „Papa, aber was heißt denn Fronleichnam ganz genau?“ Darauf ich leicht unsicher: „Frag Mutti, die war früher auf einer katholischen Schule. Die ist einfach besser drin im Thema.“ Und weg war er. Zehn Minuten später kam er zurück und gab mir zu verstehen, dass das mit dem Blut und dem Fleisch Jesu ja ziemlich brutal gewesen sei. Aber am nächsten Tag hatte er in der Schule „Reli“. Er war der einzige, der sich vorbereitet hatte, aber als er seinen erstaunten Kameraden erzählte, die ersten Christen hätten das Blut Jesu getrunken und sein Fleisch gegessen, wurde der arme Kerl ausgelacht.

Da wurde mir noch einmal bewusst, dass unser Glaube an den gekreuzigten Christus einfach nicht so leicht vermittelbar ist. Und das war von Anfang an so. Für die Griechen und Römer waren die ersten Christen ziemlich durchgeknallte Typen. Waren das Menschenfresser? Eine ziemlich unappetitliche Vorstellung. Eine Dummheit – so meinten die Griechen, als sie von der neuen Lehre hörten.

Wir Marburger haben täglich das Landgrafenschloss vor Augen, wo Philipp von Hessen – der Großmütige genannt – vor 500 Jahren den Schweizer Reformator Ulrich Zwingli und seinen deutschen Kollegen Martin Luther zu einer Disputation eingeladen hatte. Neben einer Reihe von theologischen Übereinstimmungen haben sich die beiden Gottesmänner schließlich erbittert an der Frage nach dem Verständnis der Einsetzungsworte zum Abendmahl festgebissen: Das „ist mein Leib“ oder das „bedeutet mein Leib“.

Die ersten Gemeinden überlebten ohne Bibel

Man wird den Eindruck nicht los, dass auf den christlichen Kirchen unserer Zeit ein enormer Kommunikationsstau liegt. Wir müssen erklären, warum die Kirche ist, wie sie ist. Worin besteht die Essenz christlicher Lehre? Und das erfährt man nicht nur aus der Bibel, sondern aus der frühen Kirchengeschichte.

Ich hörte kürzlich einen sehr aufschlussreichen Online-Vortrag über die christliche Gemeinde im zweiten Jahrhundert. Da ist mir erst einmal bewusst geworden, dass die junge Kirche in der Phase, wo es keine Augenzeugen der Apostel Jesu mehr gab, nicht völlig unter die Räder der ersten Lehrdifferenzen gekommen ist. Ein Wunder bis zur endgültigen Feststellung eines Kanons um das vierte Jahrhundert, auf den Luthers Bibelübersetzung gründet. In diesen spannenden Zeiten hatten ja die ersten Christen keine Bibel. Bis die ersten Gemeinden endlich einen mühsam zusammengefügten Kodex von vier Evangelien zur Verfügung hatten, hielt sich die junge Kirche an die Erzählungen der Augenzeugen und an den Tanach, eine Schriftensammlung von vor „Christi Geburt“ – die hebräische Bibel, das Alte Testament.

Die treuen Zeugen, die zum Beispiel die Weisheitstexte und die Exodus-Erzählungen durch ständiges Rezitieren und durch Auswendiglernen innerhalb der Familie der Nachwelt erhalten haben, die verdienen das Prädikat „bibeltreu“.

Kleiner Kommunikationstest: Erklären Sie Ihren Kindern oder Enkeln die Bedeutung von Fronleichnam, egal ob Sie nach Rom orientiert sind oder mehr nach Osten, nach Jerusalem. Es ist auch keine Schande, wenn man das nicht hinbekommt. Dann fragen Sie Ihren Pastor oder Apotheker.

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