Weil aus Worten Taten werden

Politiker und Behördenvertreter werden immer öfter Opfer von politisch motivierten Straftaten. Schon Verbal-Täter müssen für Hasskommentare und Drohungen härter zur Rechenschaft gezogen werden, um ein Signal zu setzen. Ein Gastkommentar von Uwe Heimowski
Von PRO
Dass aus Worten Taten werden, zeigte sich zum Beispiel bei den gewalttätigen Ausschreitungen während des G20-Gipfels in Hamburg 2017

Noch keine Woche war vergangen, da war mein Text schon Makulatur. Ich hatte einen kleinen Kommentar zu den Protesten gegen Politiker geschrieben: Die Pfiffe und Schmährufe gegen Professor Bernd Lucke an der Universität Hamburg. Die Blockade vor dem Alten Rathaus in Göttingen, die eine Lesung des CDU-Politikers Thomas de Maizière in Göttingen verhindert hatte. Kurdische Fahnen waren geschwenkt und ein Fridays for Future Banner ausgerollt worden. Der Innenminister a.D. wurde in einem Tweet als „Faschist“ und „Leugner des Klimawandels“ bezeichnet. Kurz darauf besetzten 13 prokurdische Aktivisten das Büro von Frank Heinrich (CDU) in Chemnitz, sie ketteten sich mit Handschellen an die Fenster. Die Polizei musste das Büro räumen, die Beamten wurden als „Bullenschweine“ beschimpft.

Noch keine Woche war vergangen nach diesem Text, da tickerte die nächste Meldung über den Newsfeed: Die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth wurden in Briefen mit dem Tod bedroht. Özdemir und Roth stehen auf einer Todesliste der rechtsextremistischen Gruppe „Atomwaffen Division Deutschland“. Kurz darauf meldeten sich die Spitzenkandidaten Mike Mohring (CDU) und Dirk Adams (die Grünen), und gaben an, dass sie im Landtagswahlkampf in Thüringen ebenfalls Morddrohungen erhalten hatten.

Mord an Walter Lübke

Die Liste der Straftaten wird Jahr für Jahr länger. 2018 wurden Politiker und Behördenvertreter insgesamt 1.256 Mal Opfer politisch motivierter Straftaten. Darunter waren 43 Gewaltdelikte, wie BKA-Präsident Holger Münch und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Mai mitteilten. 517 dieser Straftaten ordnete die Polizei der rechten, 222 der linken Szene zu.

Dass aus Worten Taten werden, hat uns der Mord an Walter Lübke brutal vor Augen geführt: Der hessische Regierungspräsident war am 2. Juni auf der Terrasse seines Privathauses ermordet worden. Lübke hatte sich für Flüchtlinge engagiert und öffentlich seinen Widerspruch gegen Pegida-Anhänger geäußert, woraufhin er mehrfach Morddrohungen erhalten hatte – die schließlich in die Tat umgesetzt wurden. Nach dem Mord setzte eine „dritte Welle des Hasses“ ein, wie das Magazin Der Spiegel es nannte: Hämische Kommentare in den neuen Medien, die unverhohlen behaupteten, dass Lübke bekommen habe, was er verdiene.

Gewalt beginnt in unseren Köpfen, und sie spiegelt sich in unseren Worten. Als Christen, die ihre Bibel kennen, sollte uns das nicht überraschen. Im Jakobusbrief 3,5 lesen wir: „So ist auch die Zunge ein kleines Glied und rechnet sich große Dinge zu. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an!“

Verbale Abrüstung nötig

Und Jesus formuliert in der Bergpredigt: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist (2. Mose 20,13; 21,12): „Du sollst nicht töten!; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.“ (Matthäus 5,21f). Mord beginnt bereits mit unseren Worten, das macht Jesus hier mehr als deutlich.

Gewalt ist kein Kavaliersdelikt. Nicht in unserem Mund, und noch weniger auf den Tastaturen. Wenn wir die Gewalt eindämmen wollen, brauchen wir eine Kultur der verbalen Abrüstung. Und dazu wiederum bedarf es mehr als moralischer Appelle.

Wir müssen Verbal-Täter auch zur Rechenschaft ziehen. Das Strafmaß für Morddrohungen liegt derzeit bei maximal einem Jahr, meistens werden Geldstrafen verhängt – sofern es überhaupt zu einer Verurteilung kommt: Grünen-Politikerin Renate Künast musste im September ein Gerichtsurteil hinnehmen, in welchem festgestellt wurde, dass die Kommentare bei Facebook , sie sei ein „Stück Scheisse“, „Drecks Fotze“ und „Sondermüll“, nicht ausreichten, den Tatbestand einer Beleidigung zu erfüllen. Was ist das anderes, als eine höfliche Einladung an alle Nachahmer?

Eine Demokratie lebt von der freien Meinungsäußerung. Doch weil aus Worten Taten werden, gehören persönliche Angriffe, Beleidigungen und Drohungen nicht dazu.

Uwe Heimowski ist Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Zudem gehört er dem Vorstand der Christlichen Medieninitiative pro an. Foto: pro/Norbert Schäfer
Uwe Heimowski ist Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Zudem gehört er dem Vorstand der Christlichen Medieninitiative pro an.
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