Robert Habeck – ein Zweifler, der den Glauben ernst nimmt

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck hat diese Woche über seinen christlichen Familienhintergrund und seine Zweifel am Glauben gesprochen. pro-Kolumnist Jürgen Mette kann dieser Ehrlichkeit mehr abgewinnen als frommem Geschwätz.
Von PRO
Der Theologe Jürgen Mette leitete viele Jahre die Stiftung Marburger Medien. 2013 veröffentlichte er das Buch „Alles außer Mikado – Leben trotz Parkinson“, das es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte. Für pro schreibt er eine regelmäßige Kolumne.

Ja, ich finde den Vorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, interessant. Er stammt aus einer christlich geprägten und engagierten Familie.

In der Gunst der Bevölkerung liegt er weit vorn. Er hat es geschafft, Angela Merkel zu überholen und die Grünen zu Höchstwerten auflaufen, und die CDU/CSU und SPD hinter sich zu lassen. Bisher waren wir auf Schwarz-Grün eingestellt, zumal dieses Modell in Hessen unter Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir gut läuft. Jetzt aber scheint der Wählerwille auf Bundesebene in Richtung Grün-Schwarz zu laufen. Die Doppelspitze Habeck/Baerbock kommt entspannt und lässig daher, nicht so verkrampft dogmatisch und zornig wie Jürgen Trittin oder Renate Künast, nicht so zickig wie Claudia Roth. Die beiden verkörpern einen neuen Politik-Stil. Sie treten bescheiden auf und sind dicht bei den Menschen. Und sie kommen fast ohne Klassenkampf-Rhetorik aus. Habeck schießt auch schon mal über das Ziel hinaus, das ist das Risiko einer Öffentlichkeitsarbeit im Talkshow-Plauder-Format. Aber er hat auch das Zeug dazu, bestimmte steile oder missverständliche Sätze klarzustellen.

Nun bekennt sich Habeck zur christlichen Ethik, aber er sieht sich aufgrund seiner philosophischen Bildung nicht als bekennenden Christen. Das riecht ein wenig arrogant, als könnten Philosophen per se nicht gläubige Christen sein. Er entschuldigte sich aber für einen Satz, den er im April der Bild-Zeitung gesagt hatte: Er habe wohl zu viele Philosophen gelesen, um im eigentlichen Sinn zu glauben. Gegenüber der Zeit-Beilage Christ und Welt sagt er nun: „Ich wollte mit diesem Satz niemanden provozieren oder zu nahe treten.“

Zweifel ist die Schwester von Glauben

Er sei in einer „sehr christlichen Familie“ aufgewachsen, sagte Habeck in dem Interview. Das Christentum habe ihn tief geprägt. Vom Glauben an Gott habe er sich allerdings langsam entfernt – durch eine dauernde und ernsthafte Auseinandersetzung mit religiösen Fragen. „Ich bin ein Zweifler, weil ich Glauben sehr ernst nehme.“

Eine christliche Partei werden die Grünen dadurch nicht, trotz starker Betonung der Schöpfung. Deutschland braucht keine christlichen Parteien. Mich beeindruckt die durchschaubare Ehrlichkeit Habecks mehr als manch frommes Gesülz von politischen Funktionären, die sich plakativ zum Kreuz bekennen, ohne den Gekreuzigten ernst zu nehmen. Habeck verbiegt sich nicht, um den Christen zu gefallen. Das gefällt mir außerordentlich. Einer, der zweifelt, ist noch nicht verloren.

Ich bete für Robert Habeck, dass Gott ihn mit Demut segnet und seine familiäre christliche Prägung Früchte trägt. Solange er an Gott zweifelt, solange bleibt die Tür offen zum Glauben. Einer, der zweifelt, ist bei Christen in bester Gesellschaft, weil Zweifel die große Schwester des Glaubens ist. Und wenn der Zweifel vorübergehend die besseren Argumente zu haben scheint, so bleibt Gott denen treu, die sich täglich zu ihm hin zweifeln.

Robert Habeck ist ein kirchendistanzierter Intellektueller. Kein Problem, ich fühle mich auch immer wieder einmal von der Kirche distanziert. Mag es an meiner intellektuellen Einfalt liegen oder nicht, ich kann die Lehren Jesu, ohne ihm nachzufolgen, einfach nicht denken.

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