Der Schneehase und das Osterfest

Christen sollen nicht an der Spitze der Unzufriedenen marschieren, sagt Uwe Heimowski. In einem Impuls zum Osterfest beschreibt der Politikbeauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz, wie ihm Schnee und seine Kinder zu innerer Einsicht verhalfen und sich Ärger in Freude verwandelte.
Von PRO
Der Hase hat sich als Symboltier für Ostern durchgesetzt. Theologisch gesehen ist das Lamm eigentlich das passendere Tier.

Ich hatte mich so sehr auf das Osterwochenende gefreut. Auf den Frühling, die Sonnenstrahlen, die Rosenknospen. Es standen ein paar freie Tage an, und wir hatten einen Garteneinsatz geplant. Da gab es noch den einen oder anderen Pfahl zu streichen, das Gemüsebeet musste umgegraben werden, eine Steinmauer versetzt. Gartenarbeit und frische Luft können so gut tun, wenn man – wie ich – die meiste Zeit am Schreibtisch verbringt.

Und dann das: Freitagabend beginnt es zu schneien. Und es bleibt nicht etwa bei ein paar zarten Flöckchen, sozusagen als verspäteter Aprilscherz, nein, ein dichtes Schneegestöber setzt ein. Den ganzen Samstag über schneit es in einem fort, und so liegt am Ostersonntag eine dichte, dicke weiße Decke in unserem Garten. Den Arbeitseinsatz können wir vergessen.

Den ganzen Winter hat es so gut wie überhaupt nicht geschneit, und nun muss das gerade an diesem Wochenende sein. Wie blöd! Ich bin sauer, echt richtig sauer.

Planänderung

Doch ich habe die Rechnung ohne unsere (damals noch) vier Kinder gemacht. Was macht die Meute angesichts der weißen Pracht? Die Kids brechen in Jubel aus. Finden es megalustig, weiße Eier im weißen Schnee zu verstecken. Und sie beschließen beim Frühstück am Sonntagmorgen den Tagesplan: Weil heute Ostern ist, wird am Nachmittag ein Schneehase gebaut.

Ihr Optimismus steckt mich an, zumindest so weit, dass es ein schöner Ostergottesdienst wird. Ich halte die Predigt. Wir begrüßen uns mit dem altkirchlichen Ostergruß: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ Nachmittags – nach einem wahren Festschmaus mit Lasagne und Tiramisu und einem für die Kinder viel zu langen Mittagsschlaf der Eltern – geht es endlich ans Werk: Wir bauen unseren Schneehasen. Florian und Papa rollen den Schnee in großen Kugeln aus allen Ecken des Gartens herbei, stibitzen noch ein wenig von den Nachbarn zur Linken und zur Rechten, und formen einen feisten, runden Körper. Melissa und Mama gestalten den Kopf. Er bekommt das lustigste Knickohr, das je einen Osterhasen geziert hat. Talitha bricht Zweige für den Schnurrbart. Savina findet zwei runde Steine für die Augen.

Florian, Melissa, Talitha und Savina haben an Ostern einen Schneehasen gebaut Foto: Uwe Heimowsk
Florian, Melissa, Talitha und Savina haben an Ostern einen Schneehasen gebaut

Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt

Alle sind mit Eifer dabei. Das Resultat kann sich sehen lassen. Ja, ich muss sagen, dieser Hase ist ein echtes Schmuckstück. Papa macht ein Foto von allen und stellt fest: Jedem Einzelnen steht das Glück ins Gesicht geschrieben. Und wieder, mal wieder, haben meine Kinder mich etwas gelehrt: Uwe, ärgere dich nicht so viel. Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt.

Am Morgen hatte ich noch über den Vers aus dem Römerbrief gepredigt: „Denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen“ (Kapitel 8,28). Ich hatte von der ganz großen Geschichte Gottes mit den Menschen gesprochen. Dass Gott jeden Menschen geschaffen hat. Dass er Sehnsucht nach seinen Menschen hat, die doch von ihm getrennt sind. Dass unsere Sinne und unser Verstand nicht ausreichen, um Gott zu erfassen. Wir können Gott erahnen, aber wir können ihn nicht sehen, nicht schmecken, nicht fühlen, nicht riechen, nicht hören; wir können Gott selbst mit den besten Argumenten nicht logisch herleiten. Wir können Gott vermissen, angesichts der Ungerechtigkeiten in der Welt oder angesichts des Todes, der uns alle früher oder später erwartet. Aber wo erfahren wir, was die Antwort auf unsere Sehnsucht ist?

Wut verwandelt sich in Freude

Und eben darum, erklärte ich der Gemeinde, eben darum hat Gott sich selber auf den Weg gemacht. Gott ist Mensch geworden. In Jesus Christus ist Gott uns von Mensch zu Mensch begegnet. Gott hat ein Gesicht bekommen, die Menschen haben seine Stimme gehört und seine liebevollen Hände auf ihren kranken Körpern gespürt. Wie ein Lauffeuer breitete sich die Botschaft aus: Gott hat uns nicht vergessen, der „Heiland“, der Messias, der Retter der Welt ist da.

Doch dann brach alles zusammen. Jesus wurde verraten. Verurteilt, verspottet, gepeinigt und gefoltert. Jesus wurde ans Kreuz genagelt. Er starb den qualvollen, erniedrigenden Tod eines erbärmlichen Verbrechers. Gott war erschienen, hatten die Menschen geglaubt, und nun hing da ein blutender Leichnam am Kreuz. Er wurde bestattet, das Grab verschlossen mit einem Felsbrocken. Die Hoffnung löste sich im Nichts auf. Zurück blieben Leere, Trauer, Enttäuschung, Verzweiflung, ohnmächtige Wut.

Doch dann kommt da dieser Sonntagmorgen. Das leere Grab, die Frauen, die dem Gestorbenen begegnen, und die wie verwandelt in Freude ausbrechen und den Männer verkünden: „Jesus lebt! Der Herr ist auferstanden.“

Klage über den Werteverfall

Und plötzlich fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen, plötzlich ergibt alles Sinn: Jesus hat gelebt wie wir, er ist gestorben wie wir. Und nun können wir, auch wenn wir sterben, doch ewig leben mit ihm. Der Schöpfer allen Lebens hat uns die Tür in die Ewigkeit geöffnet. Der Tod, der größte Feind des Lebens, muss verstummen. Gott hat das letzte Wort. Was für eine Botschaft. Ostern ist das größte Hoffnungsfest der Welt.

Wie gesagt, darüber hatte ich am Morgen gepredigt, und mich schon die ganze Woche darauf vorbereitet. Und trotzdem war ich seit Freitagabend schlecht gelaunt gewesen. Ist das nicht verrückt? Wie kann man eigentlich an einen lebendigen Gott glauben, fragte ich mich jetzt, und so vom Wetter abhängig sein?!

Wie kann es sein, dass auch wir Christen, die wir nichts weniger als Osterleute sind, uns so oft von schlechten Nachrichten runterziehen lassen? Wie kann es sein, dass wir diese Nachrichten geradezu suchen und weiterverbreiten? Wie oft bekomme ich in meiner Aufgabe als Politikbeauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz gerade von Christenmenschen zu hören, was da doch alles schief laufe in der Welt. Es wird auf „die da oben“ geschimpft und der Werteverfall beklagt, es werden Verlustängste geschürt und Vorurteile verbreitet. Manchmal schüttelt es mich.

Schlimm genug, wenn Medien schlechte Nachrichten besser verkaufen können als gute, obwohl es Tag für Tag auch so viel Mutmachendes zu berichten gibt. Aber es ist doch eigentlich nicht zu fassen, wenn gerade Christen an der Spitze der Unzufriedenen marschieren oder im Chor der Meckerer auch noch die Solisten geben. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich weiß, dass vier Finger auf mich zurückweisen, wenn ich auf die anderen zeige. Ich schließe mich hier voll mit ein. Wie oft tappe ich in die Negativ-Falle. Meine schlechte Laune über den Schnee am Ostern inklusive.

Doch wie anders ist es, wenn ich von Ostern her denke! Wenn ich verstehe, dass Gott den Tod ins Leben verwandeln kann! Die Osterbotschaft entwickelt ja nicht erst am Ende des Lebens eine Kraft. Sie verändert das Denken. Der Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat, ist genau der gleiche Gott, der jeden Tag mit uns durch unsere Leben geht. Durch das normale, mal beschwingte, mal beschwerte, mal herrliche, mal verrückte, mal verzweifelte Leben. Warum, wenn das wirklich wahr ist, ärgere ich mich so oft? Ostern heißt auch: Rechne mit Gottes Möglichkeiten und pack den Stier bei den Hörnern. Oder besser: Pack den Hasen bei den Ohren und mach was draus.

Von: Uwe Heimowski (KEP-Vorstandsmitglied)

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