Vor Rechtspopulismus zu warnen genügt nicht

Dieser Tage erheben viele ihre Stimme gegen „Rechtspopulismus“ – so auch der katholische Publizist Andreas Püttmann. Der berechtigte Widerstand läuft aber ins Leere, wenn die Anliegen der Adressaten nicht ernst genommen werden. Ein Kommentar von Daniel Frick
Von PRO
Kein Dialog in Sicht: Eine Demonstration gegen Rechtspopulismus in Köln

Der Katholik und Publizist Andreas Püttmann hat in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor dem „Rechtspopulismus“ gewarnt – und das völlig zurecht. Wenn die Folgen des „Rechtspopulismus“ das Aushebeln der Demokratie, das Ende des Rechtsstaates, rassistisches Gedankengut, das Ende der Fürsorge für Bedürftige und eine Überhöhung der Nation sind, kann man nicht früh genug damit anfangen, dagegen vorzugehen.

Aber der Mahner gibt es viele, und sie alle haben ein Problem: Sie geben sich der Illusion hin, dass bloße Warnungen ausreichen, um ein Umdenken anzustoßen; dass man anderen einfach nur klarmachen muss, wer hier die moralische Position vertritt. So, als ob es einfach nur der Stimme eines Erleuchteten brauchte, um andere von ihren dunklen Wegen abzubringen.

Problematische Formulierung

Nach fünf Jahren AfD, einer Partei, die Püttmann unter die „Rechtspopulisten“ und „Radikalen“ einsortiert, müssten sich die Mahner aber schonmal fragen, warum es die AfD weiterhin gibt, warum sie inzwischen auf 17 Prozent in Umfragen kommt, und ob AfD-Wähler nicht vielleicht doch den einen oder anderen Punkt haben. Bislang ist nicht zu erkennen, dass den Mahnern diese Fragen wichtig wären.

Diesen Eindruck bestätigt auch Püttmanns Wortwahl: Wer auch nur den Anschein gibt, sich der AfD anzunähern, ist für ihn ein „Irrlicht“. Dazu kommt: Konservative Christen, die AfD wählen, „schnappen“ sich die „Köder“, die ihnen die AfD hinwirft. Man kommt nicht umhin, bei dieser Wortwahl an das Tierreich zu denken. Da argumentiert der katholische Publizist ähnlich wie die säkulare Frankfurter Allgemeine Zeitung, die AfD-Mitglieder in einem anderen Zusammenhang mit Affen verglichen hat.

Ein politisches Gegengewicht

Aber geht man einmal davon aus, dass selbst AfD-Wähler Menschen sind, stellt sich die Frage, ob es auch vernünftige Gründe gibt, diese Partei zu wählen. Eine Antwort könnte so aussehen: AfD-Wähler schauen verdutzt auf eine eskalierte Euro-Politik mit Milliardenverlusten für Sparer; skeptisch auf überhöhte Politikprojekte wie die „Vereinigten Staaten von Europa“ als Zielpunkt der „Europäischen Union“; fassungslos auf den Kontrollverlust an den Grenzen; und argwöhnisch auf Journalisten, die in der Regel auf Differenzierung pochen, dann aber bei der „Behandlung“ der AfD Nationalismus und Patriotismus kurz mal in einen Topf werfen.

Es mag dem einen oder anderen nicht passen, aber die AfD ist für viele, auch für manche Christen, die langersehnte – und eben auch die einzige – politische Opposition gegen die oben genannten Punkte. Es wäre klüger, das anzuerkennen, anstatt sich einseitig über „Mangel an christlichem Widerstand gegen die AfD“ zu beklagen. Solange Punkte wie diese nicht ernsthaft gewürdigt werden, geht der „Widerstand“ an der Wirklichkeit vorbei.

Legitime Anliegen

Es trifft im Übrigen auch nicht, gegen die AfD bei der Frage des Umgangs mit Migranten Werte wie Humanität und Nächstenliebe ins Feld zu führen. Niemand in der AfD hat etwas dagegen, Bedürftigen zu helfen – alles andere zu behaupten, wäre töricht. Es geht darum, dies dauerhaft auch im Rahmen des Rechts und der Ordnung sowie in einem sinnvollen Rahmen zu tun. Und das ist ein legitimes Bedürfnis; wer das bestreitet und Humanität auf Teufel komm raus betreiben will, fördert Rechtspopulismus. Wer sich dabei auch noch auf die Bibel beruft, der sollte daran denken, dass sich dort nicht nur der Ruf nach Nächstenliebe, sondern auch die Sehnsucht nach guten Herrschern findet, die das Recht nicht beugen.

Gerade die christlichen Mahner dieses Landes sollten zudem in Betracht ziehen, dass es tatsächlich Christen gibt, die gar nicht so viel auf die politische Meinung christlicher Prominenter, Vereine oder Kirchen geben. Denn sie haben ihre Bibel, ihre Zeitung, ein paar kluge Bücher, ihren eigenen Kopf – und ihnen liegt der Kampf gegen Rechtsextremismus ebenfalls am Herzen. Auch für sie sind manche Aussagen eines Björn Höcke oder Alexander Gauland unerträglich – aber doch „weniger unerträglich“ als das, was ihnen die anderen Parteien in den vergangenen Jahren geboten haben. Offenbar sehen sie nach wie vor in der AfD die größere Aussicht auf Besserung.

Wer das Interview gelesen hat, der wird Püttmann seinen Respekt zollen: Sein Einsatz gegen Rechtspopulismus ist lauter und mutig. Im Sinne eines gelingenden Dialogs wünscht man sich jedoch einen behutsameren Umgang mit Andersdenkenden und damit auch eine sorgsamere Wortwahl. Vorerst trägt das Interview aber wenig dazu bei, die gesellschaftliche Zerrissenheit zu überwinden.

Von: Daniel Frick

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