Die Kirche im Visier der Sprachpolizei

Die evangelische Kirche benutzt zu viele nicht-deutsche Begriffe, schimpft ein Verein zur Rettung der Sprache. Damit tut er der Kirche Unrecht, denn Sprache entwickelt sich weiter. Ein Kommentar von Moritz Breckner
Von PRO
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Die Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache haben es nicht leicht: Wo sie auch hinschauen, werden sie mit Anglizismen belästigt. Um ihrem Ärger ein wenig Luft verschaffen zu können, verleihen sie seit zwanzig Jahren den Negativpreis „Sprachpanscher des Jahres“, mit dem besonders schlimme Verräter am deutschen Wortschatz gebrandmarkt werden sollen. In diesem Jahr hat es die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) getroffen: Unter anderem waren den Sprachpolizisten die WLAN-Hotspots in Kirchengebäuden namens „godspots“ ein Dorn im Ohr. Auch das Programm mit dem Motto „Segen erleben – Moments of Blessing“ der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auf der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg ist laut Pressemitteilung ganz schlimm, weil nicht-deutsche Wörter im Namen vorkommen.

Die eigene Muttersprache zu lieben und bewahren zu wollen, ist legitim. Wer dies tut, sollte dabei ein gesundes Maß halten und darf außerdem nicht vergessen, dass Sprache nie abgeschlossen ist, sondern sich ständig weiterentwickelt – gerade in einer globalisierten Welt. Es ist nur logisch, dass dabei neue Wörter entstehen, oder aber gerade im Bereich der Technik englischsprachige Begriffe übernommen werden, wie die jüngste Duden-Auflage zeigt. Wem bitte ist geholfen, wenn wir unsere Laptops „Klapprechner“ und unsere Smartphones „schlaue Fernsprecher“ nennen? Spoiler: Keinem! (Obacht: Spoiler meint hier kein Autoteil, sondern wird mit popkultureller Bedeutung aus dem Englischen adaptiert. Schlagen Sie bei Fragen im Duden nach, der allerdings mit Vorsicht zu genießen ist: 2013 wurde er zum „Sprachpanscher des Jahres“ gewählt.)

So klingt spießige Deutschtümelei

Auf der Webseite des Vereins Deutsche Sprache ist nachzulesen, wer und mit welcher Begründung den „Sprachpanscher“ bisher erhalten hat. 2010 etwa hat es der Journalist Fritz Pleitgen versäumt, „seine Autorität in den Dienst der deutschen Sprache“ zu stellen. Hintergrund: Pleitgen konnte als Geschäftsführer der Ruhr.2010 GmbH „nicht verhindern“, dass freiwillige Helfer bei einer Kunstinstallation „Volunteers“ genannt wurden. Bis heute hat sich das Ruhrgebiet nicht von dem dadurch entstandenen Trauma erholt.

Entlarvend ist ein Blick noch etwas weiter zurück in die Vergangenheit der Sprachwächter. 2007 erklärte der damalige Sprecher des Vereins, Gerd Schrammen, doch allen Ernstes: „Jedes englische Wort, das wir benutzen, ist ein Kniefall vor der herrschenden Weltmacht USA.“ Den darin enthaltenen Antiamerikanismus werden ihm viele Deutsche sicherlich großzügig verzeihen. Die Äußerung lässt aber den Eindruck entstehen, der Verein Deutsche Sprache sei ein Hort spießiger Deutschtümelei. Und die hat mit der Lebenswirklichkeit der Menschen wenig zu tun. Man werfe nur einen Blick ins soziale Netzwerk Instagram (Vorschläge für eine deutsche Übersetzung des Namens nimmt die Redaktion gerne entgegen). Junge Deutsche posten dort ihre Erlebnisse oftmals auch dann auf Englisch, wenn sie überwiegend deutsche Follower (oh Schreck) haben.

Auch, wenn in der Evangelischen Church nicht alles gut läuft: Gerade mit der kreativen Wortschöpfung „godspot“ hat sie eine moderne Idee richtig gut umgesetzt und mit der Einrichtung derselben gezeigt, dass sie up to date ist. Dass dies die selbsternannten Hüter der deutschen Sprache auf den Plan ruft, kann diesen Eindruck nur verstärken. (pro)

Von: mb

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