„Gib mir die richtigen Worte …“

Pfarrer sollen während der Passionszeit in ihren Predigten auf typisch christliche Begriffe verzichten und den Glauben mit allgemein verständlichen Worten erklären. Das schlägt die Evangelische Kirche in Deutschland vor. Ein guter Ansatz. Doch nicht jedes Wort ist austauschbar. Ein Kommentar von Anne Klotz
Von PRO
Wie soll ein Pfarrer seiner Gemeinde erklären, was Ostern ist, ohne dabei Jesus zu erwähnen?

Stellen Sie sich Ihren Nachbarn vor, der mit Kirche nichts zu tun hat. Sie versuchen Worte zu finden, um „Gnade“ zu erklären. Das ist gar nicht so leicht. Große Worte braucht man nicht, sagt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und fordert daher Pastoren in der Passionszeit dazu auf, auf typisch christliche Begriffe in Predigten zu verzichten. Die Herausforderung: Ausdrücke, die bei kirchenfremden Menschen häufig Fragezeichen auf die Stirn zaubern, sollen so umschrieben werden, dass sie jeder verstehen kann. Dazu zählt die EKD Begriffe wie „Barmherzigkeit“, „Erlösung“ und „Gnade“.
Das Zentrum für evangelische Predigtkultur (ZfP) der EKD in Wittenberg hat für die Aktion „Sieben Wochen ohne große Worte“ eine Liste entworfen, auf der 49 Begriffe stehen, die in dieser Zeit nicht in Predigten auftauchen sollen. „Diese sind nur für ‚Eingeweihte‘ verständlich und manchmal nicht mehr mit Bedeutung gefüllt“, sagt Kathrin Oxen, Leiterin des ZfP, gegenüber pro. „Wir wollen vielmehr die Lust an der Predigt fördern und solche Begriffe wieder mit Inhalten füllen.“
Also Verständlichkeit statt althergebrachter Floskeln – eine sinnvolle Idee, zumal nach mancher Predigt die Bedeutung gängiger christlicher Vokabeln noch nebulöser erscheint als vorher. Liest man sich die Liste der „verbotenen Wörter“ durch, sticht mancher Begriff jedoch ins Auge – und zwar schmerzhaft. „Jesus“ und „Gott“ sollen nicht in den Predigten auftauchen. Nun die Aufgabe an Sie: Erklären Sie Ostern Ihrem kirchenfremden Nachbarn und verwenden Sie diese beiden Begriffe nicht. Was, Sie schaffen es nicht und kommen vom eigentlichen Inhalt auf Osterhasen und Küken?
Dem Beobachter drängt sich nun leicht der Verdacht auf, die Kirche liberalisiere oder entwerte gar die Grundpfeiler des christlichen Glaubens. Begriffe, die grundlegende Bedeutung haben, sollen in den sieben Wochen aus dem Gottesdienst verbannt werden. Was soll in den Kirchen gepredigt werden, wenn „Jesus“ oder „Gott“ gar nicht in den Sonntagsgottesdiensten auftauchen sollen? So sinnvoll Synonyme und Umschreibungen für Worte wie Barmherzigkeit oder Umkehr sind, so sinnfrei sind sie für andere gelistete Begriffe. Oxen sieht darin keine Schwierigkeiten: „Von Gott und Jesus kann man einfach erzählen: was sie mir bedeuten, wie sie in meinem Leben wirken.“ Bei der Aktion gehe es vielmehr um eine kreative Herausforderung.
Bleibt zu hoffen, dass die Pastoren bei aller Kreativität das Wesentliche nicht aus dem Blick verlieren.

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