SPD-Orientierungshilfe und EKD-Wahlkampf

Die Nähe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur SPD ist kein Geheimnis. So offen wie in den vergangenen Monaten trugen die Protestanten ihre Vorliebe für die Sozialdemokraten aber selten zur Schau. Die Kirche sollte sich nicht zum Partner einer Partei machen – erst recht in Wahlkampfzeiten.
Von PRO

Für die EKD ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen. Dazu gehören Paare – ob mit oder ohne Kinder und Trauschein – ebenso wie Alleinerziehende, Patchwork- oder Regenbogenfamilien sowie Großeltern und Menschen, die für ihre pflegebedürftigen Eltern sorgen.”

Kommt Ihnen das bekannt vor? Ja? Dann kennen Sie das SPD-Regierungsprogramm für die kommende Wahlperiode. Zugegeben, ich habe getrickst. Statt EKD muss in der ersten Zeile des Zitats natürlich SPD stehen. Interessant ist aber, dass es dieser Teil des Wahlprogramms der Sozialdemokraten eins zu eins in die derzeit heiß diskutierte Schrift „Zwischen Autonomie und Verantwortung” der Evangelischen Kirche geschafft hätte. Ebenso wie diese Zeilen:

Die Rollen von Frauen und Männern haben sich verändert, ebenso die Vorstellungen von Partnerschaft und Familie. Die Menschen leben in unterschiedlichen Modellen allein oder miteinander. Sie sind verheiratet oder unverheiratet, sie sind Singles oder geschieden, allein erziehend oder in Patchwork-Familien. Sie leben in einer oder mit zwei oder drei Generationen unter einem Dach. Das erfordert eine in sich schlüssige Politik, die nicht länger nur unverbunden repariert, sondern sich am Lebensverlauf orientiert.”

Da sind sich zwei Institutionen einig. Auch die EKD-Orientierungshilfe legt Wert darauf, dass die Kirche die veränderte gesellschaftliche Situation von Familien wahrnimmt, sie drängt darauf, Patchwork-Konstruktionen ebenso anzuerkennen wie sogenannte Regenbogenfamilien oder Geschiedene. Zum Vergleich: In der Orientierungshilfe heißt es wörtlich: „Alle familiären Beziehungen, in denen sich Menschen in Freiheit und verlässlich aneinander binden, füreinander Verantwortung übernehmen und fürsorglich und respektvoll miteinander umgehen, müssen auf die Unterstützung der evangelischen Kirche bauen können.” Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider erklärte bei der Vorstellung der Orientierungshilfe in Berlin, seine Kirche habe „kein lehramtliches Schreiben in hohem Ton” verfassen wollen, sondern versucht, „die Wirklichkeit so zur Kenntnis zu nehmen, wie sie ist”. In SPD-Sprech ausgedrückt: Man hat sich am Lebenslauf orientiert.

Vorsitzende der ausarbeitenden Ad-Hoc-Kommission war, wie könnte es anders sein, eine Sozialdemokratin: Die ehemalige Familienministerin Christine Bergmann. In der Kommission finden sich zwar Gender- und Feminismusforscher (so zum Beispiel die stellvertretende Vorsitzende), nicht aber einem konservativen Milieu Zugehörige. Natürlich fordert niemand, dass die EKD nun plötzlich von Bürgerlichen beherrscht werden soll – so ist sie nicht aufgestellt, das passt nicht zu ihr. Aber eine weniger offensiv sozialdemokratische Ausrichtung täte der Kirche gut. Parteipolitische Neutralität steht jeder Kirche gut zu Gesicht – übrigens auch den Evangelikalen. (pro)

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