Watergate hoch zehn

Wie fänden Sie es, wenn jemand Ihr E-Mail-Passwort herausbekommen hätte? Oder Ihren Facebook-Account gehackt hätte? Es ist ein seltsames Gefühl, wenn jemand so in die Privatsphäre eindringt. Genau das - nur in millionenfacher Ausführung - ist passiert. Die amerikanische Regierung kann alle Ihre E-Mails lesen, Ihre Online-Fotos einsehen, Ihre Chats nachverfolgen und Ihre Skype-Gespräche mithören. Das steht seit letzter Woche fest.
Von PRO

George Orwells Roman „1984“ ist längst Realität. Dass der amerikanische Geheimdienst NSA unser komplettes Online-Leben abspeichert, bedeutet eine Zäsur für die Informationsgesellschaft. Wir müssen alle realisieren, was hier gerade passiert. Die großen Internetkonzerne Microsoft, Google, Yahoo, Facebook, YouTube, Skype und Apple haben uns angelogen, als sie dementierten, dass sie etwas mit dem Lausch-Programm „Prism“ zu tun haben. Noch schlimmer: US-Präsident Barack Obama hat alle angelogen, als er ebenfalls dementierte. „Prism“ nahm während der Amtszeit Obamas jene Ausmaße an, die nun enthüllt wurden. Watergate, bei dem es um ein paar Wanzen in einem Büro ging, und das zum Rücktritt Richard Nixons führte und bis heute als Synonym für eine katastrophale US-Präsidentschaft gilt, ist ein Klacks dagegen. Man kann nur hoffen, dass Kanzlerin Merkel Obama bei dessen Berlin-Besuch ab Dienstag ins Gebet nehmen wird.

Der 29-Jährige Techniker Edward Snowden hat ein bequemes Leben auf Hawaii aufgegeben, um der Welt mitzuteilen, dass etwas ganz Gewaltiges schief läuft in den USA. In Hong Kong verschanzt, rechnet er nicht damit, jemals zu jenem guten Leben mit hohem Gehalt und zu seiner Freundin zurückkehren zu können. Solche Opfer für das Gemeinwohl werden gerne mit dem Friedensnobelpreis belohnt (den Barack Obama zu Beginn seiner Amtszeit bereits bekam).

Man sagt, ein Frosch merke nichts davon, wenn das Wasser, in dem er sitzt, langsam auf Siedetemperatur erhitzt wird. Kocht das Wasser erst einmal, ist es für ihn zu spät. Der Vergleich mit der totalen Überwachung des Staates über seine Bürger liegt nahe: sie passiert über Jahre hinweg in Tausenden kleinen Schritten. Ist der Bürger erst einmal völlig kontrolliert, gibt es kein Entrinnen mehr.  Eine Frage, die sich vor allem Christen stellen können: Was ist eigentlich, wenn in den Regierungen einmal Menschen sitzen, die nicht mehr so freundlich sind? Die nicht an Freiheit denken, wenn sie von Sicherheit sprechen, sondern an Machterhalt? Was, wenn einmal Machthaber, ausgestattet mit den Instrumenten des Überwachungsstaates, ein besonderes Augenmerk auf Gläubige richten, die sie für „Fundamentalisten“ halten?

Dank Edward Snowden ist klar: 1984 ist da. Das Wasser ist bereits sehr heiß.

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