Medienreflexe ausgenutzt

Der Anschlag auf die US-Botschaft in Libyen hatte nichts mit dem kurz zuvor veröffentlichten Mohammed-Video zu tun. Dass Politik und Presse dies umgehend annahmen, zeigt: Den muslimischen Mob verantwortlich zu machen, fällt oft auffällig leicht.
Von PRO

Wie einfach haben wir es uns doch alle gemacht. In Bengasi stürmten Radikale am 11. September die Botschaft der Amerikaner, vier Menschen starben, unter ihnen der Botschafter Chris Stevens. Zwei Tage zuvor war ein Clip mit Ausschnitten des islamkritischen Films "Unschuld der Muslime" auf Youtube hochgeladen worden. Binnen kürzester Zeit wurde das Video hunderttausende Male angeschaut. Wir alle haben darauf gewartet, dass die Gemeinschaft der Mohammed-Gläubigen mal wieder unangemessen reagiert, schließlich war ihr Prophet beleidigt worden. Und das tat sie: Es wurde demonstriert, westliche Flaggen gingen in Flammen auf und schließlich, wir hatten es alle schon befürchtet, gab es Tote.

Doch was sich nun bei einer Anhörung im US-Kongress zeigte, sollte Medien wie Politik zu denken geben. In der Presse wurde der Vorfall in der amerikanischen Botschaft schnell in Verbindung mit der Veröffentlichung des Anti-Islam-Videos gebracht. Doch der Anschlag hatte wohl rein gar nichts mit dem umstrittenen Film zu tun. Tatsächlich könnte die Attacke von langer Hand geplant gewesen sein, wie US-Medien berichten. Anlass war wohl – wie naheliegend – der Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center. US-Behörden stufen den Angriff laut der Presseagentur AFP derweil als Terrorakt ein und vermuten eine Verbindung zum Terrornetzwerk Al Qaida, Einzelheiten sind aber noch immer unklar. Dennoch hatten die UNO-Botschafterin Susan Rice und der Sprecher des Weißen Hauses, Jim Carney, noch bis zu sieben Tage nach der Attacke erklärt, sie habe sich aus einer spontanen Demonstration heraus entwickelt. Dabei gab es an diesem Tag in Bengasi keine Demonstration. Keinen Mob wütender Muslime.

Eine Vermutung liegt nahe: Um zu vertuschen, dass ausgerechnet am Jahrestag der Anschläge des 11. September ein Attentat auf eine US-Botschaft gelingen konnte – übrigens trotz klarer Warnungen und Drohungen im Vorfeld – haben die Verantwortlichen und nicht zuletzt Präsident Barack Obama sich auf einen Medienreflex verlassen, der ebenso absehbar ist wie das Salam Alaikum in der Moschee: Islambeleidigung plus Anschlag, und schon ist der Schuldige gefunden: Der wütende muslimische Mob. In diesem Fall ging die allzu leichte Rechnung allerdings nicht auf. Diese Muslime waren wohl wirklich unschuldig. (pro)

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen