Die Lage in Deutschland sei besser, als die Stimmung, die derzeit herrscht. Das erklärte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Mehr Sorge als die Integration von Flüchtlingen bereite ihm der Antisemitismus der rechten Szene in Deutschland.
Von PRO
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Der Hass auf Juden und Ausländer bereite ihm mehr Sorgen als die Integration von Flüchtlingen, meint der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Salomon Korn
Es sei wichtig, zwischen Realität und Wirklichkeit zu entscheiden, sagte Salomon Korn. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden orientiere sich lieber an den Fakten als ausschließlich an der medialen Berichterstattung, die immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit zeige. „Mehr als eine Million Flüchtlinge sind gekommen, aber es leben mehr als 80 Millionen in Deutschland“, stellte er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung fest. Der Eindruck, dass Deutschland am Abgrund stände, liege „am Hype um Köln“. Dabei zeige die sexuelle Gewalt dort nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. So stehe seine Gemeinde zum Beispiel in einem guten Dialog mit Muslimen. Auch er habe gute Kontakte zu muslimischen Mitbürgern.
Mehr Sorge als ein Antisemitismus unter Flüchtlinge bereite ihm jener der Neonazis. „Das rechte Spektrum scheint mir festgefahrener und aggressiver zu sein“, sagte Korn. Mit den Muslimen müsste das Verhältnis zur Gewalt oder der Auftrag, die Welt zu islamisieren, diskutiert werden. Bedenklicher sei es jedoch für Minderheiten, „wenn ein Land nach rechts rückt.“ Er sei besorgt darüber, dass viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft ihrem Hass freien Lauf ließen. Die Zahl der Fremdenfeinde sei vielleicht nicht gewachsen, aber „die Dreistigkeit hat zugenommen.“
„Wir werden sehr viel Geduld haben müssen“
Er selbst beschreibt sich als Liberalen. Er vertrete die Auffassung, nicht im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, fordere aber, dass alle sich demokratische Spielregeln aneigneten und nach ihnen lebten. Es gehe darum, ein differenziertes Weltbild zu vertreten. „Wer mit dem Unvorhergesehen, dem Vielfältigen, dem Differenzierten nicht leben kann, ist für die Demokratie nicht wirklich reif“, sagte Korn mit Blick auf die Pegida-Aufmärsche in Dresden.
Er blicke „gedämpft optimistisch“ in die Zukunft. Zwar werde die Integration von Flüchtlingen wahrscheinlich länger als drei Generationen brauchen. Auf Dauer sei es aber möglich, „die Mehrheit der Angekommen zu integrieren“. Bei der Integration setzt Korn auf Gemeinsamkeiten. Das bedeute zum Beispiel eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Auch Feindbilder müssten abgebaut werden und persönliche Begegnungen stattfinden. Besonders wichtig sei es, den Totalitätsanspruch des Islam zu relativieren. „Wir werden sehr viel Geduld haben müssen“, sagte Korn. Dass Deutschland Gefahr läuft, „rückfällig“ zu werden, besorgt ihn weniger, denn „demokratische Strukturen haben sich über zwei Generationen stabilisiert.“ (pro)
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