Koalition: Schutz für Flüchtlinge, Christen, Prostituierte
Am Mittwoch haben Union und SPD ihren Koalitionsvertrag in Berlin vorgestellt. Darin finden sich auch Positionen der Kirchen, etwa zum Asylrecht, zur Kirchensteuer oder zum Schutz christlicher Minderheiten.
Von PRO
Foto: Montage pro
Union und SPD wollen Deutschlands Zukunft gestalten – seit Mittwoch weiß die Republik auch, wie
Schon bevor die möglichen künftigen Regierungspartner am Mittwoch in Berlin vor die Presse traten, waren Details des vorzustellenden Vertrages bekannt geworden. Einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro haben die Parteien vereinbart, ebenso wie eine Solidarrente, die die Altersabsicherung von Geringverdienern aufbessern soll, und eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten. Die Kirchen hatten sich im Wahlkampf und den darauf folgenden Koalitionsverhandlungen vor allem bei den Themen Flüchtlingsschutz und Familie an Union und SPD gewandt. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) forderte einen neuen Ansatz im Umgang mit Asylbewerbern, die Deutsche Evangelische Allianz drängte darauf, dass die klassische Familie künftig nicht benachteiligt werde.
Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber
Das Anliegen der EKD haben die Parteien weitgehend beackert und wollen nun verkürzte Asylverfahren einführen, die bis zum Erstentscheid nicht länger als drei Monate dauern. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern und Geduldeten, genannt Residenzpflicht, soll zwar beibehalten, aber auf das Bundesland ausgedehnt werden, sodass sie dort künftig frei reisen können. Der Zugang zum Arbeitsmarkt soll Schutzsuchenden bereits nach drei Monaten im Land möglich sein. Außerdem betonen die Vertragspartner im Hinblick auf Flüchtlinge, die über die Seegrenzen der EU einreisen wollen, es gelte der Grundsatz der Nichtzurückweisung und die Pflicht zur Seenotrettung.
Keine Öffnung der Ehe
Auch in Sachen Familie haben die Parteien einiges vereinbart, halten sich bei strittigen Punkten aber eher zurück. So gibt es keinerlei Erwähnung des von der SPD im Wahlkampf scharf kritisierten Betreuungsgeldes, wohl aber den Plan, die Ganztagsbetreuung in Kindertageseinrichtungen auszubauen und das Vorhaben, flexiblere Elterngeldregelungen einzuführen. Die sollen es möglich machen, dass Väter und Mütter Elterngeld bis zu 28 Monate lang beziehen können, auch in Kombination mit einer geringfügigen Teilzeittätigkeit. Ein Bonus soll elterngeldbeziehenden Paaren zustehen, bei denen beide Partner parallel 25 bis 30 Wochenstunden arbeiten.
Die von der SPD geforderte Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist nicht im Koalitionsvertrag verankert. Auch das Adoptionsrecht wird zunächst nicht weiter ausgebaut, lediglich die bereits vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Möglichkeit der Sukzessivadoption soll umgesetzt werden. Das bedeutet, ein homosexueller Partner kann ein Kind adoptieren, das bereits zuvor vom anderen Partner adoptiert wurde. Im Koalitionsvertrag findet sich zudem die Passage: „Wir wissen, dass in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind.“
Ja zur Kirchensteuer, Nein zu Christenverfolgung und Zwangsprostitution
Gerade für viele christliche Organisationen, die sich gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution stark machen, sind politische Änderungen in diesem Bereich interessant: So wollen die Parteien in diesem Bereich für besseren Schutz der Frauen sorgen, etwa indem Verurteilungen von Zuhältern künftig nicht mehr daran scheitern sollen, dass das Opfer nicht aussagt. SPD und Union wollen das Aufenthaltsrecht Betroffener ausbauen, das Prostitutionsgesetz „umfassend überarbeiten“ und Kontrollmöglichkeiten gesetzlich verbessern. „Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen“, heißt es im Vertrag. Ob dies auch Freier betreffen kann, wie es jüngst etwa die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer forderte, bleibt ungewiss.
Auch Christenverfolgung und Religionsfreiheit sind in eigenen Passagen erwähnt: „Wir treten für die Religionsfreiheit als elementares Menschenrecht ein. Dies gilt auch für das Recht, keiner Religionsgemeinschaft anzugehören und die Religion zu wechseln.“ In vielen Ländern der Welt würden besonders Christen wegen ihres Glaubens bedrängt, verfolgt und vertrieben. Die christlichen Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände in Deutschland nennen die Parteien „unverzichtbar“ und würdigen deren finanzielles und ehrenamtliches Engagement für das Gemeinwohl. Deshalb bekennen sich beide Parteien zum Kirchensteuersystem und betonen die Achtung vor der „kirchlichen Prägung der entsprechenden Einrichtungen“, was auch das zuletzt heiß diskutierte kirchliche Arbeitsrecht betreffen könnte. Auch die jüdischen und muslimischen Vereine und Verbände seien wichtiger Bestandteil des Gemeinwesens. In diesem Sinne soll die Deutsche Islam Konferenz fortgesetzt werden. (pro)
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