Koalition einigt sich über §219a

Union und SPD haben sich beim Streit um den Paragrafen 219a auf einen Kompromiss geeinigt. Das Werbeverbot bleibt zwar bestehen, der Paragraf wird aber erweitert, heißt es in einem Gesetzesentwurf.
Von PRO
Bei einer bundesweiten Demonstration gingen in Gießen etwa 400 Menschen für die Abschaffung von §219 auf die Straße

Die Koalition hat beim Werbeverbot für Abtreibungen einen Kompromiss gefunden. Der Paragraf 219a soll um einen Absatz ergänzt werden. Dieser soll festlegen, dass Ärzte und Krankenhäuser künftig darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen durchführen. Das bedeutet, Ärzte dürften zum Beispiel durch Verlinkungen in ihrem Internetauftritt auf neutrale Stellen weitere Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch zugänglich machen. Durch die Erweiterung von §219a solle zudem sichergestellt werden, dass es eine zentrale Liste der Bundesärztekammer gibt, die die Ärzte aufführt, die Abtreibungen vornehmen. Zudem sieht der Gesetzesentwurf der Koaltion vor, dass junge Frauen die Verhütungspille bis zum 22. statt wie bisher bis zum 20. Lebensjahr von ihrer Krankenkasse bezahlt bekommen.

„Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangen, die sie benötigen“, sagte Justizministerin Katarina Barley (SPD) zur Neuregelung von §219a nach Angaben von Zeit online. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte die Rechtssicherheit für Ärzte. „In Zukunft wird jede Ärztin und jeder Arzt in Deutschland über die Tatsache informieren dürfen, dass er oder sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt“, sagte sie. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) äußerte, die Neuregelung der Kostenübernahme für die Verhütungspille helfe jungen Frauen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden. „Ich halte das im Rahmen des gefundenen Kompromisses für eine gute Ergänzung“, sagte er. Die gesetzlichen Krankenkassen koste das jährlich rund 40 Millionen Euro mehr, berichtet Zeit online.

Langer Weg zur Einigung

Der Gesetzesentwurf baut auf einem Kompromiss auf, der bereits im Dezember vergangenen Jahres erzielt worden war. Es fehlte jedoch noch die genaue Formulierung. Am 6. Februar soll das Bundeskabinett den Entwurf verabschieden. An den Verhandlungen waren neben Barley auch Spahn und Innenminister Horst Seehofer (CSU) beteiligt.

Paragraf 219a untersagt „das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen“ von Schwangerschaftsabbrüchen mit dem Ziel eines finanziellen Vorteils oder wenn dies in „grob anstößiger Weise“ geschieht. Seit Monaten gab es Streit um das Gesetz. SPD, Grüne, Linke und FDP hatten eine Abschaffung gefordert, die Union hatte das abgelehnt. Prominentes Gesicht des Bündnisses, das eine Abschaffung des Paragrafen fordert, ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel. Im November 2017 wurde sie zu einer Strafe von 6.000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Internetseite unter ihren Leistungen auch „Schwangerschaftsabbrüche“ angegeben hatte. Nach der damaligen Gesetzeslage hatte ein Gericht das als Verstoß gegen §219a Strafgesetzbuch gewertet. Hänel machte sich seitdem öffentlich für eine Abschaffung des Werbeverbots stark, zuletzt bei einer bundesweiten Demonstration.

Hänel: Entwürdigender Paragraf

Hänel kritisierte den geplanten Gesetzesentwurf. Unter dem Strich bleibe Paragraf 219a bestehen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Frauen hätten ein Recht auf Information und diese sei weiterhin verboten. Die Neuregelung sei viel zu eng. Die Informationen auf ihrer Webseite seien weiterhin strafbar, sagte die Ärztin. Sie wolle den Rechtsstreit deshalb am Oberlandesgericht Frankfurt weiter ausfechten, denn der Paragraf greife in ihre Meinungs- und Berufsfreiheit ein.

Hänel rechtfertigte ihre Position: Frauen wollten sich an der Stelle informieren, wo sie sich auch behandeln ließen. §219a vermittele ein entwürdigendes Frauenbild. Denn er besage, dass Frauen durch eine Information für eine Abtreibung geworben werden könnten. „Das ist ein Paragraf, der von seiner Intention her dafür angelegt ist, zu stigmatisieren, auszugrenzen, zu tabuisieren und Fachleute zu kriminalisieren“, sagte Hänel.

Von: Swanhild Zacharias

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