Salafisten in Europa radikalisieren sich oft im Gefängnis, berichtet das Magazin Der Spiegel. Dabei zeigen Studien: Religion kann Kriminalität vorbeugen – auch der Islam.
Häufig radikalisieren sich Muslime im Gefängnis. Seelsorger können das vorbeugen – oder im schlechtesten Fall fördern
Gefängnisse sind ein guter Ort für Salafisten, um neue Anhänger zu rekrutieren. Inhaftierte Salafisten versuchen Mitgefangene von ihrer Auslegung des Korans zu überzeugen. So können aus Kleinkriminellen Extremisten werden, schreibt der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Es gibt in Europa verschiedene Beispiele von Attentaten muslimischer Extremisten, die vorher während einer Haftstrafe radikalisiert wurden – wie der mutmaßliche Täter bei der Schießerei im Jüdischen Museum in Brüssel im Mai, als es vier Tote gab.
Dabei zeigt eine Studie vom vergangenen Jahr unter ehemaligen Häftlingen in Rheinland-Pfalz: Muslime werden bei Straftaten seltener rückfällig als Katholiken oder Protestanten. Die Autoren stellen fest, dass Jugendliche, die sich in ihrer Lebensweise an die deutsche Gesellschaft angepasst haben, mit höherer Wahrscheinlichkeit straffällig werden als solche, die schlechter assimiliert sind. Die Religionszugehörigkeit spiele dabei aber nur eine indirekte Rolle: Entscheidend seien die „mit der Religion verknüpften Werte, soweit diese in der Familie gelebt werden“. Es sei eine „vordringliche Aufgabe“, Religion, insbesondere das Christentum und den Islam, als Quelle von sittlichen Werten zu fördern und Familien „als deren Katalysatoren“ zu schützen. So könne Kriminalität vorgebeugt werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Kriminologe Dieter Hermann, der den Einfluss christlicher Werte auf die Gewaltbereitschaft Jugendlicher untersucht hat.Auch von Seelsorgern kommt der Extremismus
Um das geistliche Wohl und die religiösen Bedürfnisse von Gefangenen kümmern sich Seelsorger verschiedener Konfessionen. Den Islam unter Häftlingen zu fördern, hat sich der muslimische Seelsorger Husamuddin Meyer zur Aufgabe gemacht, den der Spiegel in seinem Beitrag vorstellt. Meyer besucht junge Muslime im Gefängnis, betet und diskutiert mit ihnen über den Islam und zitiert aus dem Koran. Dabei möchte er sie auch von radikalen Lesarten des Korans abbringen und vor dem Einfluss der Salafisten bewahren. „Der Salafismus ist wie eine Krankheit, wer einmal infiziert ist, steckt andere an“, zitiert ihn der Spiegel.
Wenn die jungen Männer, wie es der Islam lehrt, fünfmal täglich beteten und bestimmte Übungen machten, seien sie vor äußeren Einflüssen und Manipulationen geschützt, sagt er. Allerdings dauere es mitunter Jahre, um eine Ideologie zu bekämpfen und Einzelne zu „entradikalisieren“. Viel Zeit hat Meyer nicht, um die Gefangenen zu betreuen: Neun Stunden in der Woche bekomme er bezahlt, auf jeden muslimischen Häftlingen entfielen im Schnitt sechs Minuten. Eine bessere seelsorgerliche Betreuung muslimischer Gefangene ist derzeit ein Schwerpunktthema der Islamkonferenz.
Doch wie der Spiegel berichtet, können auch die Seelsorger selbst zu einer Radikalisierung der Häftlinge beitragen. Es gebe keine Ausbildung für diese Aufgabe oder offizielle Vorgaben, wer als Seelsorger in die Gefängnisse kommen darf. So hätten auch schon fundamentalistische Prediger Zugang zu den Gefangenen bekommen und extremistische Texte in die Anstalt geschmuggelt. (pro)
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