Der Berufungsgerichtshof in Ankara verhandelte über Besitzrechte an 28 Hektar Land in der Umgebung des Klosters. In erster Instanz hatte ein Gericht zugunsten Mor Gabriels entschieden. Das Kloster hatte seine Ansprüche auf das Land nachweisen können, da es seit den dreißiger Jahren Steuern darauf zahlt. Das Berufungsgericht berücksichtigte die Steuerbelege im Revisionsprozess allerdings nicht und sprach das Land dem türkischen Staat zu. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldet, will sich das Kloster notfalls auch international gegen den drohenden Landverlust in einem Enteignungsverfahren wehren. Vor weiteren Schritten werde es aber noch das schriftliche Urteil abwarten. Der Vorsitzende der Klosterstiftung, Kuryakos Ergün, schließt laut dpa nicht aus, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen.
"Rückschritt für die Religionsfreiheit"
Dazu ermutigte auch der Menschenrechtsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, das Kloster. "Das Urteil des Kassationsgerichts gefährdet nicht nur das Kloster Mor Gabriel, sondern zugleich auch die Religion und Kultur der gesamten syrisch-orthodoxen Minderheit in der Türkei", erklärte er. Ähnlich äußerte sich auch Erika Steinbach, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Es fragt sich, ob dieses Urteil nicht politisch motiviert sein könnte und sich bewusst gegen die christliche Minderheit in der Türkei richtet." Der Kampf des Klosters gegen seinen Untergang spitze sich damit zu. Johannes Singhammer, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält das Urteil in seinen Folgen für schlimm. Mit der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit des Klosters werde auch die Religion bedroht, die von ihm abhängt. "Das ist ein Rückschritt in Hinblick auf die Religionsfreiheit in der Türkei", sagte er gegenüber pro. Singhammer hatte Mor Gabriel im Jahr 2010 mit einer Delegation besucht.
Mor Gabriel wurde im vierten Jahrhundert gegründet und ist mit über 1.600 Jahren eines der ältesten christlichen Klöster der Welt. Es ist das geistliche Zentrum der Minderheit von rund 3.000 syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei. Seit mehreren Jahren gibt es um seine Ländereien juristische Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster, den umliegenden kurdischen Dörfern und dem türkischen Staat. Der Deutsche Bundestag beschloss im Juni, die Existenz des Klosters Mor Gabriel zu schützen. Einen entsprechenden Antrag hatten die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP gestellt. (pro)