Kleinkinder und TV: „Manchen Eltern fehlt es an Sensibilität“

Vorschulkinder schauen zu oft und zu lange fern, das ist seit Jahren bekannt. Dass aber bereits 20 Prozent der Einjährigen regelmäßig vor dem Fernseher sitzen, ging nun aus einer neuen Untersuchung des Internationalen Zentralinstitutes für das Jugend- und Bildungsfernsehen in München (IZI) hervor. Bei den Zweijährigen verdreifacht sich diese Zahl – bereits 60 Prozent sitzen regelmäßig vor der Flimmerkiste. Warum setzen Mütter ihre Kleinkinder vor den Fernseher? Dieser Frage ging das IZI in seiner Untersuchung „Warum Mütter ihre Kinder fernsehen lassen“ nach.
Von PRO

von Ellen Nieswiodek-Martin

Als häufigstes Motiv, Kindern das Fernsehen zu erlauben, nannten Eltern das gemeinsame Kuscheln vor dem Bildschirm. Als zweihäufigsten Grund gaben 85 Prozent der Mütter an: „weil ich etwas im Haushalt zu erledigen habe“. Auch schlechtes Wetter oder ein krankes Kind sind Motive, Fernsehen zu erlauben.

In jeder dritten deutschen Familie gehört die Flimmerkiste zum abendlichen Ritual dazu. Eltern und Kinder sitzen gerne gemütlich vor dem Fernseher. Positiv zeigte sich, dass der größere Teil der Mütter es vermeidet, Fernsehen als Belohnung einzusetzen oder während der Mahlzeiten fernzusehen.

Fernsehen ungeeignet für Kleinkinder

Laut Maya Götz, Kinderfernsehexpertin und Leiterin des IZI, gehe ein Teil der Eltern sehr verantwortungsbewusst mit den Fernsehinhalten um, andere dagegen schienen die potentiellen Probleme gar nicht wahrzunehmen. Besonders die Väter handhaben den Medienkonsum oft zu sorglos, so Götz. Eltern, die in Anwesenheit ihrer Kinder Nachrichten oder Actionfilme ansehen, fehle es an Sensibilität für die Auswirkungen.

Die Fernsehexpertin weist darauf hin, dass Fernsehen nicht das passende Medium für Kleinkinder ist. Götz erklärte die Problematik so: „Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren schauen auf den Bildschirm, weil sich dort etwas bewegt. Ab einem Alter von 18 Monaten verstehen sie einfache Handlungsabläufe.“ Babys, aber auch Kleinstkinder eignen sich die Welt durch sinnliche Erfahrungen an. Sie müssten die Welt begreifen, schmecken und selbst ausprobieren. Diese Möglichkeiten bietet die zweidimensionale Welt des Fernsehens nicht. Allerdings wirke die Geräuschkulisse vieler Sendungen auf die Jüngsten laut und bedrohlich. Daher sollten Eltern Filme und Nachrichten erst dann einschalten, wenn das Kind schläft oder nicht im Zimmer ist.

Viele TV-Inhalte überfordern jüngere Kinder. Langzeitstudien weisen auf Defizite bei Vielsehern hin. Vielseher sind für Götz Kinder, die bereits mit zwei oder drei Jahren mehr als 90 Minuten täglich vor der Glotze sitzen.

Welche Tipps gibt Fernsehexpertin Götz?

„Zunächst einmal sollten Eltern über den eigenen Fernsehkonsum nachdenken. Für die Medienerziehung von Kleinkindern gilt: beginnen Sie möglichst spät mit dem Fernsehen. Vereinbaren Sie mit dem Kind Fernsehregeln und achten sie unbedingt darauf, dass diese eingehalten werden!“ Götz rät Müttern auch, nicht vor dem Fernseher zu stillen. Wichtig sei vor allem, dass Eltern sich mit ihren Kindern über das Gesehene austauschten. Das fördere die Sprachentwicklung und Eltern erführen dadurch auch, wie viel ein Kind von der Handlung verstanden habe. Am wichtigsten findet Götz, dass Eltern nach Alternativen zum täglichen Fernsehkonsum suchen.

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