Eine muslimische Krankenschwester hatte vor dem Bundesarbeitsgericht gegen das evangelische Augusta-Krankenhaus in Bochum geklagt. Sie wollte bei der Arbeit ein Kopftuch tragen. Die Klinik weigerte sich und entließ die 36-jährige türkischstämmige Bochumerin. Zur Begründung hieß es, sie trete „sichtbar für ein anderes religiöses Bekenntnis“ ein und schade damit „womöglich der Glaubwürdigkeit der Kirche“.
Wie die Tageszeitung Der Westen berichtet, absolvierte die Frau von 1996 bis 1998 in der evangelischen Klinik ihre Ausbildung und arbeitete dort zweieinhalb Jahre lang als Krankenschwester – „problemlos“, wie Geschäftsführer Ulrich Froese im Zeitungsbericht betonte. Nach der Geburt von zwei Kindern und dem Ablauf ihrer Elternzeit pochte sie 2009 auf Wiedereinstellung. „Diesen Anspruch hätten wir selbstverständlich erfüllt“, schilderte der Klinikchef den Vorgang. „Doch die Dame erschien plötzlich mit einem Kopftuch bei der Pflegedienstleitung und bestand darauf, das Tuch auch bei der Arbeit nicht abzulegen.“ Weiter sagte Froese: „Wir halten das Kopftuch als Zwangsmittel und Symbol islamischen Glaubens in einem christlichen Krankenhaus bei aller gebotenen Toleranz für unvereinbar. Die Frau kann hier arbeiten, aber nur ohne Kopftuch.“
Die Krankenschwester siegte bereits 2010 mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht Bochum. Die Klinik rief daraufhin das Landesarbeitsgericht an, welches 2012 wiederum der Klinik darin Recht gab, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht des Krankenhauses über dem Grundrecht auf Religionsfreiheit stehe.
Nun landete der Streit vor dem Bundesarbeitsgericht. Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet, entschieden die Richter, dass kirchliche Einrichtungen sehr wohl Mitarbeitern das Tragen eines muslimischen Kopftuchs verbieten können. Die konkrete Klage der muslimischen Krankenschwester aus Bochum verwiesen die Richter jedoch zurück an das Landesarbeitsgericht Hamm, weil für sie etwa unklar war, ob die Klinik wirklich eine kirchliche Einrichtung ist.
Im Tragen des Kopftuches sehen Kritiker ein Zeichen der Unterdrückung der Frau; für viele Musliminnen ist die Verhüllung des Kopfes jedoch Ausdruck ihres Glaubens oder eine selbstverständliche Tradition. Im Koran wird das Verhüllen der Haare nicht ausdrücklich gefordert, jedoch oft mit der Sure 24 begründet. Darin wird von Musliminnen sittsames und schamhaftes Betragen gefordert. Das Umschlagtuch (Himar) solle Hals, Ausschnitt und Brust bedecken. In Deutschland tragen laut einer Studie des Bundesamtes für Migration von 2009 rund 25 Prozent der Musliminnen ab 16 Jahren immer oder meistens ein Kopftuch, knapp 70 Prozent tun es dagegen nie.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) bedauert das Urteil als „Rückschlag für die Integrationspolitik in Deutschland“. Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek: „Die Krankenschwester hat viele Jahre für diesen Arbeitgeber gearbeitet. Dass sie dies nun nicht mehr darf, weil sie ein Kopftuch trägt, ist menschlich tragisch und auch sozial bedauerlich.“ Das Urteil sei insgesamt jedoch „erwartbar“ gewesen, stehe es doch „in einer Reihe mit weiteren Richtersprüchen, die den Sonderstatus der Kirchen in Deutschland bestätigen“, so Mazyek. Das Urteil habe „auch eine Schlagseite, was integrationspolitische Signale angeht“. „Heutzutage ist es Aufgabe von erfolgreichen Unternehmen, sich weltoffen aufzustellen“, sagte der ZMD-Chef. (pro)