Kirchenvertreter sehen gute Chancen für Islamischen Wohlfahrtsverband

Die Muslime stehen, genauso wie Christen, durch ihren Glauben an einen barmherzigen Gott, in der Verantwortung zu wohltätigem Handeln. Davon zeigte sich Martin Hein, Bischof der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), am Mittwoch auf einer Podiumsdiskussion in Frankfurt überzeugt. Er hält daher die Gründung eines islamischen Wohlfahrtsverbandes für begrüßenswert.
Von Jörn Schumacher
Diskutierten in der Universität Frankfurt über die mögliche Gründung eines islamischen Wohlfahrtsverbandes: Abdul Ahmad Rashid, Mark Bodenstein, Mohammed Johari, Martin Hein und Horst Rühl (v.l.n.r.)

Soziales Handeln sei im Islam genau so gefordert wie im Christentum, sagte Bischof Martin Hein zum Abschluss der Fachtagung zu den „Herausforderungen und Chancen eines muslimischen Wohlfahrtsverbandes in Hessen” in der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Eingeladen hatten das Zentrum Oekumene in Frankfurt zusammen mit dem Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam. „Wir haben eine gemeinsame Quelle in der Barmherzigkeit Gottes”, sagte Hein in der Abschlussrunde. So seien etwa das Fasten und das Almosengeben „grundsätzlich sozial ausgerichtete Handlungen im Islam”. Hein betonte, dass jede soziale Handlung an sich jedem Menschen gegenüber offen sein müsse, egal, welcher Religion er angehöre.

Der Bischof appellierte an die muslimischen Vertreter, die Chance wahrzunehmen, im Subsidiaritätsprinzip wie die Kirchen die Wohlfahrt in die organisierten Strukturen aufzunehmen. Diakonie und Caritatas könnten dabei als Vorbilder dienen. „Der Staat ermöglicht dabei eine große Gestaltungsfreiheit”, ermutigte Hein. So unterscheide der Staat in dieser Sache nicht zwischen christlich, muslimisch oder außerkonfessionell. Sein Wunsch sei es, dass die Fachtagung als eine Art „Kickoff” für die Gründung eines islamischen Wohlfahrtverbandes diene.

Kirchen geben gern „Geburtshilfe”

Auch Horst Rühl, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, begrüßte die Idee eines islamischen Wohlfahrtsverbandes. In einer sich rasant entwickelnden Gesellschaft könne man sich der Frage kaum entziehen. Ihn interessiere die islamische Seite bei der Frage nach der theologischen Herleitung der Motivation für sozialarbeiterisches Handeln und wünsche sich hier den Dialog. Rühl erinnerte daran, dass es in Hessen einen, wenn auch kleinen, jüdischen Wohlfahrtsverband gebe. Er lud die anwesenden Vertreter muslimischer Organisationen ein zu einem „Testballon” und sagte: „Ich ermutige Sie, einen eigenen Verband zu bilden. Dabei geben wir gerne Geburtshilfe.”

Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, wünscht sich ebenfalls ausdrücklich mehr Kontakt zu den muslimischen Verbänden in der Frage der Sozialarbeit und Diakonie. Es lohne sich bei diesem Thema nicht, theoretische oder theologische Debatten zu führen. Außerdem schließe die Zusammenarbeit in der Seelsorge nicht aus, dass es theologische Unterschiede zwischen den Religionen gebe, etwa wenn es um Themen wie Tod und Sterben geht. Jung betonte zudem: „Es ist ein Missverständnis, dass es auf islamischer Ebene keine Wohlfahrtarbeit gibt.” Deren Professionalisierung könne aber bedeuten, diese Arbeit aus den Gemeinden herauszuholen und Strukturen zu entwickeln. Jung bot an: „Wir sind immer bereit, Unterstützung zu leisten. Wir wollen dabei nichts überstülpen, sondern Hilfe anbieten.”

Mohammed Johari vom Verein Islamische Informations- und Serviceleistungen (IIS) erklärte, die Wohlfahrt werde im Islam erwartet. Gleichwohl stecke die organisierte islamische Sozialarbeit in Deutschland noch „in den Kinderschuhen”. Er begrüßt hier ausdrücklich die Zusammenarbeit mit christlichen Organisationen und zeigte sich dankbar für die bereits geleistete Hilfe in fachlichen Fragen und beim Wissenstransfer. (pro)

Von: Jörn Schumacher

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