„Kirchenmitglieder sind ein Spiegel der Gesellschaft“

Kirchenzugehörigkeit und Religiosität wirken sich positiv auf eine Demokratie auf. Das fand eine Studie heraus. Probleme machen machmal aber religiös begründete Vorurteile.
Von Johannes Blöcher-Weil
Blick in eine volle Kirche

Kirchen sind eine wichtige Ressource für eine vielfältige und offene Gesellschaft. Die Gemeinden spielen eine wichtige Rolle, wenn es um demokratische Beteiligung oder gesellschaftliche Themen verhandelt werden. Das hat eine interdisziplinäre Studie herausgefunden, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben hat.

„Politische und soziale Spannungen, die in Deutschland existieren, prägen auch das Gespräch in der evangelischen Kirche. Die Kirche hat die Aufgabe, gute Gespräche darüber zu gestalten, worauf wir uns einigen sollten und wo wir uns abgrenzen müssten“, erklärte der Kulturbeauftragte des Rates der EKD, Johann Hinrich Claussen, bei der Vorstellung der Studie „Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung“.

„Ob und wie sich eine Gemeinde mit politisch-kulturellen Themen auseinandersetzt, hängt vom Profil der Gemeinde, konkreten Anlässen sowie aktiven Einzelpersonen ab“, sagte Hilke Rebenstorf. Die Wissenschaftliche Referentin für Kirchensoziologie am Sinus-Institut (SI) der EKD hat den Forschungsverbund federführend begleitet.

„Aufgeschlossenheit stärken und Vorurteile abbauen“

Die Studienergebnisse zeigten, dass Menschen, bei denen der Glaube im Leben eine zentrale Rolle einnimmt, zwar weniger Vorurteile gegenüber Geflüchteten oder Muslimen hätten, aber sich beim Thema sexuelle Vielfalt von ihren Vorurteilen leiten ließen. Evangelische Kirchenmitglieder hätten dagegen weniger antisemitische Ressentiments.

Kirchenzugehörigkeit und Religiosität wirkten sich insgesamt positiv auf die Demokratie aus. Die politische Kultur profitiere weitgehend von der Kirchenzugehörigkeit und einer hohen Religiosität: „Beide wirken prodemokratisch.“

„Kirchenmitglieder sind im Hinblick auf ihre Vorurteile grundsätzlich ein Spiegelbild der Gesellschaft“, betonte der Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD, Horst Gorski. Unterschiede ergäben sich durch unterschiedliche Religiosität und Praktiken. Gemeinden sollten ihre Arbeit so ausrichten, dass sie sich mit politisch-kulturellen Themen auseinandersetzen, Aufgeschlossenheit stärken und Vorurteile abbauen. Für die Gemeinden sei es eine große Herausforderung, diese Potenziale zu heben.

Kirche auch im Sozialraum denken

Für Gorski könne man hier kirchenpolitisch keine einfachen Antworten ableiten. Gemeinden müssten klären, welches Bild sie als eine Kirche abgeben, „die dem Evangelium von Jesus Christus verpflichtet ist und die mit seiner Botschaft mitten in der Gesellschaft lebt“. Dazu gehöre es auch zu prüfen, ob man als Gemeinde den Binnenblick durch einen Blick in den Sozialraum ergänze.

Kirche müsse sich klar gegen Menschenfeindlichkeit sowie Homo- oder Islamophobie positionieren, aber trotzdem Raum für unterschiedliche Positionen und Debatten lassen. Theologie dürfe nicht für politische Interessen „gekapert“ werden. In Gemeinde müsse demokratische Beteiligung gelebt werden: „Kirchenleitende Verantwortung hat sich auch selbst in diesen Bildungsprozess zu begeben.“

An der Studie und ihren Teilstudien, die keine getrennten Zahlen für Ost und West erhoben haben, waren Wissenschaftler der Universitäten Leipzig, Luzern, Bern, Duisburg-Essen, Hamburg sowie der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg beteiligt. Initiator war die EKD, deren Sozialwissenschaftliche Institut (SI) die Studie begleitet hat. Die Studie ist im Buchhandel oder unter www.ekd.de/politische-kultur erhältlich.

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