Kirchenaustritt kann zur Kündigung führen

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Kirchenaustritt eine Kündigung rechtfertigen kann. Im konkreten Fall war ein Mitarbeiter einer pädagogischen Einrichtung der Caritas aufgrund der Missbrauchsfälle aus der katholischen Kirche ausgetreten und hatte dadurch seine Arbeitsstelle verloren.
Von PRO

Die Richter werteten den Austritt als schwerwiegenden Loyalitätsverstoß, der die Entlassung aus dem kirchlichen Dienst rechtfertigen könne. Sie verwiesen dabei auf den arbeitsrechtlichen Sonderstatus der Kirchen. Damit blieb der Kläger auch in der letzten Instanz erfolglos. Die Motive des Klägers genügten nicht, um von dem katholischen Wohlfahrtsverband die Weiterbeschäftigung des Pädagogen zu verlangen, begründete der Zweite Senat seine Entscheidung.

Nach kirchlichem Selbstverständnis habe der Kläger unmittelbar „Dienst am Menschen“ geleistet. Mit seinem Kirchenaustritt habe er nach dieser Lesart die Eignung für eine Weiterbeschäftigung verloren. Die Caritas könne nicht gezwungen werden, im Erziehungsbereich einen Mitarbeiter anzustellen, der sich von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt habe. Außerdem gebe es für Sozialpädagogen auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

Selbstbestimmungsrecht der Kirchen geht vor

Der vorsitzende Richter, Burghard Kreft, begründete, dass es im Einzelnen immer auf die Interessenabwägung ankäme. Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers müssten hinter dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zurücktreten. Dieses grundgesetzlich verankerte Recht erlaubt es den Kirchen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.

Die Deutsche Bischofskonferenz sieht sich durch das Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestärkt, dass kirchliche Arbeitnehmer, die sich zu einem Kirchenaustritt entschließen, damit ihre fundamentale Abwendung von der Kirche zum Ausdruck bringen. Damit würden sie die notwendige Vertrauensgrundlage für eine Zusammenarbeit zerstören. Laut etlichen Medienberichten erwägt der Kläger nun eine Verfassungsbeschwerde. Sie ist ein juristisches Mittel, mit dem Personen vor einem Verfassungsgericht eine Verletzung ihrer Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte durch Akte der Staatsgewalt geltend machen können.

Immer wieder Streitfall

Das kirchliche Arbeitsrecht ist immer wieder Streitfall vor Gericht. 2011 hatte der Chefarzt eines katholischen Krankenhauses in Erfurt erfolgreich gegen seine Kündigung wegen erneuter Heirat geklagt. Das Gericht hatte damals die Interessen des Klägers höher als die seines kirchlichen Arbeitgebers gesehen, um sein Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der Erste Senat hatte im vergangenen November das Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen gelockert. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verfolgt aber weiter ein generelles Streikrecht und will dieses jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einklagen. (pro)

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