Kirchen kritisieren Rüstungsexporte an Staaten, die Menschenrechte verletzen
Die Kirchen sorgen sich wegen des Anstiegs deutscher Rüstungsexporte in Staaten mit schlechter Menschenrechtsbilanz. Das geht aus dem am Montag von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung vorgestellten Rüstungsexportbericht 2014 hervor.
Karl Jüsten kritisiert im Rüstungsexportbericht den gestiegenen Anteil von Liefergenehmigungen in Drittstaaten, die nicht der EU und der NATO angehören (Archivbild)
Der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Prälat Karl Jüsten, hält den „weiter gestiegene[n] Anteil von Liefergenehmigungen in Drittstaaten außerhalb von EU und NATO“ für „nicht hinnehmbar“. Der Anteil von Rüstungsexportgenehmigungen in diese Drittstaaten lag im ersten Halbjahr 2014 dem Bericht zufolge bei 63,5 Prozent der gesamten Liefergenehmigungen und erreichte damit einen Rekordwert.
Jüsten begrüßte aber auch den „drastische[n] Rückgang der Kleinwaffenlieferungen in Drittstaaten“. In ihrem Rüstungsexportbericht 2014 würdigt die GKKE den erheblichen Rückgang von Kleinwaffengenehmigungen an Drittstaaten von 18 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013 auf 1,4 Millionen Euro im entsprechenden Zeitraum 2014. Zudem lobte die Konferenz die von der Bundesregierung angekündigten strengen Maßstäbe für den Export von Kleinwaffen und die Schritte zu einer wirksameren Endverbleibskontrolle von Rüstungsgütern. Bei dieser Kontrolle gibt es eine Vorab-Prüfung und der Empfänger verpflichtet sich, dass die Rüstungsgüter im Land verbleiben.
Positiv nahm die GKKE den Widerruf der Ausfuhrgenehmigungen für die Lieferung eines Gefechtsübungszentrums nach Russland auf. Jüsten betonte: „Im August 2014 stoppte Bundesminister Gabriel die Auslieferungen nach dem Inkrafttreten des EU-Waffenembargos, obwohl die Regierung weiß, dass sie schadensersatzpflichtig werden könnte.“ Dies sehe die GKKE als „ein Signal, dass ein Politikwechsel machbar ist“.
Erst nach Erfüllung von Bedingungen spricht GKKE von Politikwechsel
Jüsten sagte aber auch: „Erst wenn die Lieferungen in Drittstaaten, in Konfliktregionen und in Länder mit bedenklicher Menschenrechtssituation signifikant und anhaltend zurückgehen, werden wir von einem vollzogenen Politikwechsel oder einer Kehrtwende sprechen.“
Besondere Sorgen bereite der GKKE die weiter steigende Bedeutung nordafrikanischer Staaten und von nah- und mittelöstlichen Ländern als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter, so etwa die Genehmigung einer Produktionsstätte für Fuchspanzer in Algerien.
Bei Drittstaaten als „problematische Empfängerländer der deutschen Rüstungsexporte“ zählt die GKKE etwa Algerien, Indonesien, Saudi-Arabien, Singapur, die Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch Israel auf. In ihnen gilt die Menschenrechtssituation laut Bericht als „sehr schlecht“. Diese Staaten zählen aber auch zu den „relevantesten Abnehmern deutscher Rüstungsindustrie“. Israel bezog zwischen 2009 und 2013 überwiegend Waffen aus Deutschland und den USA. Besonders U-Boot-Lieferungen seien für das hohe Importvolumen aus Deutschland verantwortlich.
„Genehmigung von Waffenlieferungen aufgrund der Wirtschaft ist eine Gefahr“
Jüsten sagte zudem, dass die Bundesregierung „mit Verweis auf die hohe beschäftigungspolitische Bedeutung“ mit einer Hermes-Bürgschaft den Verkauf von 146 Patrouillenbooten an Saudi-Arabien absicherte. Genau solche Vorstöße kritisierte der evangelische Vorsitzende der GKKE, Martin Dutzmann, am Montag: „Es besteht die Gefahr, dass aus ökonomischen Erwägungen Waffenlieferungen genehmigt werden, die der politischen Klugheit und Ethik widersprechen.“ Weitere sagte Dutzmann: „Rüstungsexporte müssten zuerst unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, welche Auswirkungen sie für die Menschen in den Empfängerländern, für die Stabilität in Regionen, für die Sicherheit Deutschlands oder sogar für deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen haben.“
Kirchen: Allgemeine Absage an Waffenlieferungen in Konfliktregionen
Dutzmann betonte das „vorsichtige Verständnis“ der Deutschen Bischofskonferenz sowie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland für eine Entscheidung der Bundesregierung, Ausrüstung und auch Waffen an die Peschmerga im Nordirak zu liefern. Der GKKE sei aber besonders wichtig: „Die Kirchen bekräftigen ihre allgemeine Absage an Waffenlieferungen in Konfliktregionen.“
Ob es sich bei diesen Waffenlieferungen um den friedensethischen Fall der „ultima ratio“ handele und gerechtfertigt sei, „Gewaltmittel als letzten Ausweg einzusetzen“ und einen drohenden Genozid zu verhindern, sei auch in der Fachgruppe Rüstungsexporte umstritten. (pro)
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