Kirchen kreisen zu sehr um sich selbst

Deutsche Medien vermitteln Menschen den Eindruck, dass die Evangelische und die Katholische Kirche zu viel eigene Nabelschau betreiben und sich zu wenig um wichtige gesellschaftliche Themen kümmern. Das besagt eine Untersuchung von Media Tenor.
Von PRO
Das Medienforschungsinstitut Media Tenor untersuchte auch, wie häufig die kirchlichen Oberhäupter in den ausgewählten Medien vorgekommen sind
Die Evangelische und die Katholische Kirche sind in der aktuellen Flüchtlingskrise in Deutschland besonders gefordert. Laut einer Studie des Medienforschungsinstituts Media Tenor resultiert daraus aber keine größere Aufmerksamkeit für die Kirchen in den Medien. Vor allem die Evangelische Kirche dringe selten mit ihren Botschaften in den überregionalen Medien durch. Das 1993 gegründete Institut Media Tenor hat für seine Analyse 14.023 Berichte über Kirchen und Geistliche in 20 „Meinungsführer-Medien“ wie ARD, Bild-Zeitung und Deutschlandfunk im Zeitraum von 2001 bis 2016 ausgewertet. Demnach sind ereignisreiche Medien-Momente der Kirche seltener geworden – wie etwa der, als der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, im November des vergangenen Jahres vor der EKD-Synode deutliche Worte gegen eine Flüchtlingspolitik der Abschottung fand und sich von Pegida und der AfD distanzierte. In der Regel bleibe die Evangelische Kirche medial unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Unter den EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber und Margot Käßmann seien diese Werte etwas besser gewesen.

Medienstar Papst Franziskus

Zudem werden die Kirchen in den ausgewählten TV-, Radio- und Printmedien laut der Erhebung nicht in erster Linie zu aktuellen Sachdebatten wahrgenommen. „Die Medien stellen die Kirchen als überwiegend mit sich selbst beschäftigt dar“, erklärt Roland Schatz, Forschungsleiter von Media Tenor. „Entscheidungen auf Synoden und Kirchentagen sowie Führungsfragen machen einen großen Anteil der Berichterstattung aus.“ Wie die Kirchen sich aber zu Themen wie Gewalt gegen Flüchtlinge, Veränderung der Arbeitswelt oder steigende Gewaltbereitschaft von Jugendlichen positionierten, stehe in der Regel im Hintergrund. Bei den 1.790 ausgewerteten Berichten über die Katholische Kirche steht Papst Franziskus sehr häufig im Mittelpunkt (fast 600 Berichte). Franziskus habe das Medienimage der Katholischen Kirche verändert und positive Impulse gesetzt. Im Vergleich dazu erreicht der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm bei 457 Berichten über die Evangelische Kirche nur etwa 60 Erwähnungen. Häufiger sei über verschiedene Protestanten berichtet worden. Die Evangelische Kirche stehe inzwischen bei Präsenz und Image deutlich im Schatten der Katholiken. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/bedford-strohm-kein-ende-der-willkommenskultur-96081/
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