Kirche und Politik gemeinsam gegen Rechts

Über Strategien gegen Rechtsextremismus haben am Dienstag in Berlin Politiker, Vereine, Verbände und Kirchen beraten. Ein Standbein der künftigen Präventions-Arbeit soll ein neues Informations- und Kompetenzzentrum sein. Die Deutsche Bischofskonferenz forderte indes eine "neue Entschlossenheit" gegen Rechts.

Von PRO

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte, der Kampf gegen Rechtsextremismus im Internet müsse verstärkt geführt werden. Künftig wolle er die "Community" gewinnen, um gegen Radikalität vorzugehen. Der Minister sagte, er stelle zwar eine abnehmende Zahl Rechtsextremer, aber auch eine zunehmende Gewaltbereitschaft unter ihnen fest. "Wir haben damit ein Signal geben wollen", kommentierte er das Treffen gegen Rechtsextremismus in Berlin. Die Veranstaltung soll laut dem Ministerium zwar einmalig sein, aber nach Möglichkeit auf die Länder und Kommunen abstrahlen. Auch dort soll es künftig Treffen nach Vorbild des Berliner Gipfels geben.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) forderte einen "strukturell und finanziell langen Atem" im Kampf gegen Rechtsextremismus. Das Gespräch mit den Kirchen, Religionsgemeinschaften und anderen Institutionen sei von großer Offenheit und einem Facettenreichtum geprägt gewesen. Es herrsche Einigkeit darüber, dass die Kompetenz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus vorhanden sei, aber künftig besser vernetzt werden müsse. Deshalb soll es ein bundesweites Informations- und Kompetenzzentrum zur Koordinierung der Maßnahmen geben. Angesichts der Internetpräsenz Rechtsradikaler forderte Schröder "geeignete Maßnahmen jenseits von Netzsperren". Zudem müssten etwa Lehrer und Eltern besser darin geschult werden, mit rechtsextremen Jugendlichen umzugehen.

Das Treffen war eine Reaktion auf die Mordserie an türkisch- und griechischstämmigen Menschen und einer Polizistin. Für die zehn Morde sowie weitere Gewalttaten machen Ermittler das Zwickauer Neonazi-Trio verantwortlich. Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz mussten schwere Fehler und Versäumnisse bei der Verfolgung des Trios einräumen. Zu dem Gespräch in Berlin hatten Friedrich und Schröder Vertreter von 30 Institutionen eingeladen. Es nahmen unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Bischofskonferenz, der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Zentralrat der Juden, der Zentralrat der Muslime und verschiedene Initiativen gegen Rechts teil.

Katholiken fordern "neue Entschlossenheit" gegen Rechts

"Eine neue Entschlossenheit“ von Staat und Gesellschaft im Kampf gegen rassistische und rechtsextremistische Tendenzen in Deutschland hat am Dienstag auch die Deutsche Bischofskonferenz gefordert. Der Gipfel gegen Rechtsextremismus müsse zu einem starken Zeichen des Zusammenstehens des Staates und der demokratischen Kräfte gegen alle Formen der Menschenverachtung werden, teilten die katholischen Bischöfe mit. Wer Menschen anderer Herkunft, Hautfarbe oder Religion ausgrenze, wer sie diskriminiere oder gar physisch attackiere, müsse mit Reaktionen der staatlichen Gewalt und dem Widerstand der freiheitlichen Gesellschaft rechnen. Es reiche nicht, die "extrem gewalttätigen Auswüchse des Rechtsextremismus zu verurteilen". Vielmehr "müssen wir alle uns bereits den kleinen Demonstrationen der Menschenfeindlichkeit", denen wir im gesellschaftlichen Alltag begegnen, "mit Zivilcourage entgegenstellen, um dem Aufkeimen oder Vordringen rechtsextremistischer Gesinnungen entgegenzuwirken". Fremdenhass, Rassismus, Antisemitismus und jede Form des Rechtsextremismus seien mit dem christlichen Glauben "absolut unvereinbar", betonten die Christen.

Vor dem Spitzentreffen zum Rechtsextremismus hat der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, mangelnde Fortschritte bei der Aufklärung der Neonazi-Mordserie beklagt. "Die Behörden sind bei der Aufklärung dieser schrecklichen Taten noch immer in den fortgesetzten Winterschlaf verfallen", zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) Graumann laut den "Ruhr Nachrichten". "Wir wissen immer noch nicht, wie es sein konnte, dass dieses braune Killerkommando zehn Jahre lang durchs Land ziehen konnte. Da muss jetzt schnell Klarheit geschaffen werden. Glaubwürdigkeit gewinnt man nur, wenn man mehr Transparenz zulässt – daran mangelt es derzeit offenbar." (pro)

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