Kirche und Kino: Wahrheit, 24 Mal pro Sekunde*

Das Kino war schon immer ein besonderer Ort: Menschen verbringen zwei Stunden ihres Lebens damit, einen Film anzuschauen. Immer lassen sie sich dabei auch auf die Botschaft des Films ein, reden nach der Vorführung über ihre Gedanken. Da ist es logisch, dass auch Christen das Kino als einen Ort entdeckt haben, in dem mit Menschen über die oft wertvolle Botschaft eines guten Films gesprochen werden kann.
Von PRO

Im „Wertekino“ von Christen aus dem norddeutschen Aurich etwa hat man eine solche „christliche Qualitätskontrolle“. Mitgeliefert wird eine Andacht von einem Pfarrer und der Möglichkeit, mit anderen über den Film zu diskutieren. Mitbegründer ist der Cartoonist Joe Rahn, der zahlreiche Anfragen von Gemeinden aus ganz Deutschland erhält, die Tipps zur Umsetzung des Projektes „Wertekino“ erhalten wollen. Viele Christen sind offenbar begierig darauf, gute, wertvolle Filme zu sehen, darüber zu diskutieren oder sie sogar für die christliche Botschaft zu nutzen. „Wir haben da in ein Wespennetz gestochen“, sagt Rahn.

Mit „Superman returns“ das Comeback des Wertekinos

Mittlerweile planen Rahn und sein Kollege Hartmut Reiche einen Zusammengang mit einem Sprengel von 172 norddeutschen Kirchengemeinden. Sie alle zeigten starkes Interesse am Wertekino und wollen sich daran beteiligen. Dies erfordert natürlich eine Abstimmung mit mehreren Entscheidungsträgern, und deshalb haben sich die Betreiber des Wertekinos dazu entschlossen, eine sechsmonatige Pause einzulegen, bis alle Formalitäten geregelt sind.

„Jede Gemeinde muss dann entscheiden, wer so etwas machen will: sich als Christ vor einen gefüllten Kinosaal stellen und über den christlichen Glauben reden und nach einem Film auf kritische Fragen antworten. Das ist gar nicht so leicht.“ Das „Wertekino“ soll im November wieder mit vielen neuen Unterstützern und einem neuen Konzept starten. Einen passenden Film für das Comeback des „Wertekinos“ hat sich Rahn bereits ausgeguckt: den neuen Film über das Ur-Symbol (amerikanischer) Werte, „Superman returns“, der im August anläuft.

Kino und Kirche

Vor drei Jahren verspürten auch Christen aus Marburg den Wunsch, mit Menschen über gute Filme ins Gespräch zu kommen. Zusammen mit einem lokalen Kinobetreiber gründeten sie den Arbeitskreis „Kino und Kirche“. Seitdem laden sei einmal im Monat zu einem tiefgründigen Kino-Erlebnis ein. Das Team besteht aus Mitarbeitern der „Studentenmission in Deutschland“ (SMD) und Pfarrern.

SMD-Tagungsorganisatorin Anni Röhrkohl hatte 2003 zusammen mit dem Inhaber des Marburger Kinos „Kammer“, Hubert Hetsch, die Idee, den Film „Der menschliche Makel“ zu zeigen und im Anschluss darüber mit dem Publikum zu diskutieren. Durchschnittlich kommen etwa 30 Besucher; als einmal der Regisseur Volker Schlöndorff höchstpersönlich in der „Kammer“ vorbeischaute, um zu seinem Film „Der 9. Tag“ Rede und Antwort zu stehen, war das Kino natürlich fast voll. „Es ergeben sich gute Möglichkeiten für uns Christen, anhand eines guten Films Fragen aufzuwerfen“, sagt Ulrich Pontes, Journalist und Öffentlichkeitsreferent bei der SMD, der am Projekt mitarbeitet. „Es geht im Kino fast immer um Welt- und Menschenbilder, um das Leben insgesamt. Und dazu gibt es immer gute Gespräche.“

Andere Gemeinden zeigen populäre Filme einfach im eigenen Gemeindehaus. Wie die Anskar-Kirche in der hessischen Stadt Wetzlar. Sie zeigte einmal den Film „Signs“ („Zeichen“) von Mel Gibson in ihrem 2003 gegründeten „Sonntagskino“. „Man muss dem Film nicht viel Gewalt antun, um die christliche Aussage am Ende deutlich zu erkennen: Gott hat einen Plan für unser Leben, auch wenn wir ihn nicht sehen“, sagt Pfarrer Carsten Friedrich.

Filme mit guter Botschaft nutzen

In dem Film erleidet der Priester Graham Hess (gespielt von Mel Gibson) zahlreiche schlimme Schicksalsschläge. Nachdem er seine Frau wegen eines Unfalls verlor, schwor der Geistliche Gott ab und legte sein Amt nieder. Mehrere zunächst scheinbar unbedeutende Ereignisse entpuppen sich dann jedoch am Ende des Films als zu einem großen Ganzen gehörend – und Hess erkennt, dass Gott doch alles in der Hand hat und leitet.

„Wenn ich Menschen einlade, am Sonntag einen Kinofilm anzusehen, haben sie eine viel niedrigere Hemmschwelle zu überwinden, als wenn ich sie in unseren Gottesdienst einlade“, weiß der Wetzlarer Pastor Friedrich. Ein weiterer Vorteil der Aktion: „Es kommen Christen aus unterschiedlichen Kirchen zusammen. Wer mag es nicht, sich mit anderen bei einem guten Kinofilm zu entspannen?“ Seitdem die Anskar-Kirche in neue Räumlichkeiten umgezogen ist, muss das christliche Kino jedoch erst einmal pausieren. Das neue Haus hat noch keine Verdunkelungsanlage.

Die evangelische und die katholische Kirche in Bietigheim-Bissingen, nördlich von Stuttgart, haben in Sachen „Kino & Kirche“ einen gemeinsamen Weg eingeschlagen. Im gleichnamigen Projekt bringen sie seit 1999 zwischen Januar und Mai Menschen im Kino zusammen, die mehr als platte oder brutale Blockbuster sehen wollen. Bis zu 1.000 Menschen kommen in einer Saison zu den Vorführungen des ökumenischen Projektes „Kino & Kirche“. Und das in einem Ort mit 42.000 Einwohnern. „Jedes Mal, wenn wir in die Höhle des Kinos hinabsteigen, begegnen wir der Geschichte unseres Lebens“ – dieser Satz des Schriftstellers Italo Calvino steht wie ein Leitspruch über der Arbeit der Schwaben.

* Die Überschrift ist ein Zitat des französischen Filmregisseurs Jean-Luc Godard, der damit beschreibt, was für ihn Film bedeutet.

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